„DL – it’s just a theater”?

Ich hatte also keine Halluzinationen. Also ich würde so etwas nur von mir geben, wenn ich davon überzeugt wäre. Ob es dann den Tatsachen entspricht oder nicht, ist ja noch eine ganz andere Sache.

Gruß Christa
 
Gina meinte:
Es ist eben alles Auslegungssache.

Hmmmm - nö ich glaub, in dem Fall nich denn das bezieht sich ganz einwandfrei auf das Medley aus "Life is.." und "Reincarnation".
Also dass er das Medley toll findet.

Gruss,

Muhli
 
Ich weiß ich weiß...ich bin schon wieder viel zu spät.
Dieser Thread ist aber auch zu interessant, um ihn zu ignorieren.

Ich möchte einfach mal die Frage in den Raum stellen: Was ist denn so schlimm am Theater? Warum "just" oder "nur"? - Ich denke man hat da durch deutsche Redewendungen auch oft eine etwas verschobene Darstellung im Hinterkopf...
(mal ehrlich - denkt ihr wirklich, daß alle Bands, die angeblich "persönliche Eindrücke" verarbeiten, nicht auch ein wenig Schauspielerei betreiben, um ihre Platten zu verkaufen???-was auf einer Bühne passiert, sollte man einfach nicht zu ernst nehmen)

Theater war zu allen Zeiten schon ein wichtiges Instrument zur Meinungsbildung und der Weitergabe von Werten. Der Mensch tut sich wohl leichter wenn er bestimmte Dinge in eine Kunstform verpackt.
Und noch weiter:
Theater als eine Kunst, die in der Öffentlichkeit realisiert wird, hat immer und zu allen Zeiten (auch) politische Aspekte gehabt. Wenn man, mit Aristoteles, den Menschen als zóon politikón annimmt, als ein Wesen, das seiner Anlage und Bestimmung nach „politisch“, das heißt: gesellschaftlich orientiert ist, dann hat das Theater, indem es in dialektischer Konfrontation die Interessen einer wie auch immer gearteten Gesellschaft und die des Individuums ins Spiel bringt, einen grundsätzlich politischen Charakter. Das haben am frühesten die Politiker erkannt, die dann oft genug im Laufe der Geschichte dieser Erkenntnis durch Zensur und Verbot entsprechenden Ausdruck gaben.
http://www.zeit.de/1965/48/politisches-theater-heute

Somit hat "Theater" für mich eher die Bedeutung einer ernstzunehmenden, hoch zu schätzenden Kunstform.

Bitte nicht falsch verstehen, ich möchte die Band gar nicht ins rein Politische oder "Hochtrabende" ziehen, sie sehen das Ganze wohl auch selbst nicht ganz so ernst und veranstalten ja auch kein reines "Theater" im obigen Sinne! Es geht ja immer noch um die Musik und deren Interpretation.

So strikt kann man hier den persönlichen Einfluß vielleicht vom reinen Schauspiel garnicht trennen, denn ich glaube nun doch nicht, daß sich die Herren für Ihre Auftritte Drehbücher schreiben, die Live- Interpretation ist ja grade bei Ihnen immer anders und es schwingt somit auch der aktuelle "Seelenzustand" mit - noch persönlicher und "echter" geht es ja da wohl nicht, da brauche ich nicht unbedingt "auf rein persönlichen Erfahrungen basierende Texte" - wobei ich diese trotzdem als persönlich betrachte, da die Künstler sich wohl kaum Themen aussuchen werden, die sie so gaaar nicht beschäftigen oder interessieren.
Und wie schon erwähnt machen sie ja auch ab und zu mal eine Ausnahme und verarbeiten direkt gewisse Erfahrungen.

Nur meine bescheidene Meinung. ;;)
 
Miss Violet meinte:
Wenn man, mit Aristoteles, den Menschen als zóon politikón annimmt, als ein Wesen, das seiner Anlage und Bestimmung nach „politisch“, das heißt: gesellschaftlich orientiert ist, dann hat das Theater, indem es in dialektischer Konfrontation die Interessen einer wie auch immer gearteten Gesellschaft und die des Individuums ins Spiel bringt, einen grundsätzlich politischen Charakter.

Sorry, ich mach mich jetzt unbeliebt, aber das nenne ich "Piscatorisches Gebläse" (siehe http://www.zeit.de/1965/48/politisches-theater-heute). Um eine Dialektik zwischen den Interessen eines Individuums und "der" Gesellschaft auszumachen, ist der Bezug zu Aristolteles absolut unnötig. Nur, weil man Hegel nicht verstanden hat (und ich schliesse mich da ein), braucht man sich nicht auf die Griechen zu berufen.

Ansonsten glaube ich, dass Muhli Recht hatte - die Aussage bezog sich auf das Medley und die Idee, dass das Leben an sich schön ist. Auch, wenn sowohl Alexander als auch Ernst sehr politisch denkende Menschen sind, war diese Aussage nicht politisch gemeint. DL machen sehr viel weniger Theater, als so manche andere Gruppe im "Gothik" Bereich, bei denen zumindest mir dann der der Bezug zur polis auch abgeht.
 
Wieso solltest Du Dich jetzt unbeliebt machen, weil Du mir Deine Meinung sagst?
Das Zitat bezog sich auf Theater im Allgemeinen, und wenn Du Dir meinen letzten Absatz noch einmal durchliest, wirst Du feststellen, daß wir evtl. sogar eine Meinung teilen.
 
Vielleicht sollte ich erwähnen, daß ich mich nicht auf die (vermeintlich) wiedersprüchliche Aussage von Veljanov bezogen habe - die hat sich während der Diskussion ja erst entwickelt und ich schließe mich da vollkommen an, das es um das Medley ging.
Die Ausgangsfrage bezog sich aber doch auf ein Interview, in dem Veljanov gesagt haben soll, DL wäre "nur" Theater (grob gesagt). Er hatte so etwas in der Richtung übrigens auch noch anderweitig erwähnt, zB in diesem Interview:

http://www.uni-magdeburg.de/uniradio/deinelakaien2003.html Teil 2 anklicken

Zum Thema Theater "an sich" kann man ja gegensätzlicher Meinung sein, auch habe ich leider festgestellt das bei meinem Beitrag sich dort der Fehlerteufel eingeschlichen hat und die Zitatmarkierung fehlt (so macht der Absatz und das "Und noch weiter" irgendwie so gar keinen Sinn... #-o
Es tut mir sehr Leid, das war keine Absicht, ich habe es allerdings zu spät bemerkt, die Editfunktion war schon weg, es wird es wohl ein wenig dauern, bis dieser Fehler behoben ist. (PN an Moderator ist schon raus)
 
Danke für den Link zu dem sehr schönen, differenzierten Interview mit Alexander. Ich glaub, jetzt hab ich den Zusammenhang verstanden. Mein Eindruck ist, dass Alexander ganz gern mal provoziert ("alles Fassade"), um einen Interviewer "abzuchecken". Wahrscheinlich aus leidvoller Erfahrung, dass oft stereotypisiert wird ohne wirklichen Hintergrund. In dem Interview, das Du verlinkt hast, ist es anders und Alexanders weitere Antwort fällt dann auch sehr differrenziert aus. Ich denke nicht, dass Alexander meint, Theater sei nur Fassade.

Ansonsten finde ich es bemerkenswert, wie geduldig Alexander hier auf die Genese von "where you are" eingeht. Wichtiger bei der Kunst ist doch die Geltung, die - auch wenn die Werkgenese vielleicht durch persönliches Erleben inspiriert wurde - über die Person des Künstlers/der Künstlerin hinausreicht. Das gilt natürlich auch für's Theater. ;)
 
Das ist eines meiner Lieblingsinterviews. (Er lutscht doch da nen Bonbon, oder???)
dreamdancer: "Ich denke nicht, dass Alexander meint, Theater sei nur Fassade."
Darauf wollte ich eigentlich ursprünglich hinaus und werde mich in Zukunft bemühen, mich etwas eindeutiger auszudrücken-ohne Theater ;)
Ich kenne das zu Beginn erwähnte Interview ja leider nicht (wenn ich es aufrufen will, begegnet mir immer der mittlerweile vertraute "Error 403"), deswegen kann ich nur vermuten was er gemeint haben könnte.
Ich schätze die zwei aber auch nicht so ein, das sie nur ständig etwas vorgaukeln, daß sie selbst gar nicht "sind", das wäre ein krasses Paradoxum zu ihrem individuellen musikalischen Anspruch. Gerade experimentelle Musik lebt doch von den persönlichen Vorstellungen und Meinungen des Musikers. Wenn es also ein "Theater" (bei DL) drumrum gibt, ist das eh nur zu "Dekozwecken" um die Musik zu unterstreichen.

(In diesem Zusammenhang fällt mir ein Buch von Erving Goffman ein "Wir alle spielen Theater"-Selbstdarstellung im Alltag. Kennt das jemand? Mehr oder weniger sind wir also alle davon betroffen :ymdevil: -aber das gehört jetzt gar nicht mehr zum Thema)
 
So weit ich das verstanden habe, thematisieren sie in ihren Songs ganz normale Problemstellungen aus dem privaten und öffentlichen Leben. Gefühle, die eine Trennung beschreiben, ja, aber meist nicht auf der realen Trennung von Ernst und Susie (der Name ist beliebig gewählt ... sollte Ernst Horn je eine Freundin dieses Namens gehabt haben, so ist es mir nicht bekannt) fußen. Der Fall von Where You Are http://www.youtube.com/watch?v=LlshaFTH1Jg ist eher die Ausnahme als die Regel.
Umgekehrt ist Kasmodiah für Alexander wohl auch ein sehr privates Ding, das aber zumindest für mich zu stark verschlüsselt ist, um die lyrics zuordnen zu können. Dennoch ist es ein Lieblingslied von mir, wunderschön und furchtbar melancholisch ...
 
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