War's das?

@Diana: Neinneinnein, Dein Deutsch ist in keinster Weise unzureichend - im Gegenteil, Du hast ein äußerst breites Ausdrucksvermögen. Wir haben hier alle nur sehr unterschiedliche Hintergründe und setzen unterschiedliche Dinge voraus. Ich hab nur nachgefragt, weil ich sicher sein wollte, dass ich Dich auch richtig verstehe. Also danke für's Erklären. Mir war z.B. nicht klar, dass Du das "Handwerk" als gegeben setzt.

Mein Eindruck ist, dass die wenigsten in der "breitgefächerten Musikbranche" eine klassische musikalische Ausbildung haben. Meiner Ansicht nach ist das ein wesentlicher Grund für den Einheitsbrei (es klingt alles einheitlich, weil die Ausdrucksmöglichkeit fehlt). Eine andere Entwicklung ist, dass es bei den großen Lables keine Wagnisse mehr gibt - man sucht zwecks Gewinnmaximierung den kleinsten gemeinsamen Nenner einer möglichst breiten Masse (den Brei). Ich gebe Brosze aber recht, dass die Unterscheidung zu den guten Künstlern damit einfach ist. Im Grossen und Ganzen glaube ich aber nicht, dass es heute so viel weniger gute Künstler gibt als früher. An die schlechten von früher erinnert sich heute nur niemand mehr...(Ein Hoch auf das Vergessen)

Was Ernst angeht, so habe ich nicht den Eindruck, dass er den inspiratorisch-emotionalen Anteil (oder wie immer wir es jetzt nennen wollen) leugnet - er wird nur nicht danach gefragt (Ich bin fast sicher, dass es heutzutage mehr ignorante Journalisten gibt als früher *I(ronie)*). Vielleicht ist dieser Anteil für ihn aber auch einfach so selbstverständlich, dass es sich nicht darüber zu reden lohnt. Das ist jetzt allerdings reine Spekulation.

Alexander und Ernst werden ja aber öfter danach befragt, warum sie denn immer noch weitermachen. Und meist fällt in dem Zusammenhang bei der Antwort das Wort "Ehrgeiz". So wie ich das verstehe, kann sich dieser am ehesten in der Ausdruckmöglichkeit, Inhalt und Umsetzung, manifestieren. Zumindest sehe ich nicht, wie man Inspiration und Emotion an sich verbessern kann. Oder gar etwas, das außerhalb der menschlichen Realität liegt.
 
@ Diana
Um es ein für alle mal zu sagen: Dein Deutsch ist über jeden Zweifel erhaben. In der Schriftsprache bemerke ich nicht, dass Deutsch nicht deine Muttersprache ist, sondern sehe im Gegenteil einen sehr elaborierten Sprachcode. In der gesprochenen Sprache hast du einen sehr angenehmen Akzent - und kaum weniger Ausdruckskraft. So, das war's dann mit den Komplimenten für heute 🙂

Wie dreamdancer muss aber auch ich sagen, mir war nicht klar, dass du die Beherrschung des Handwerkes sozusagen voraussetzt. Ich hatte manchmal den Eindruck, du würdest eher meinen, dass die Inspiration, das Gefühl, was auch immer die einzig ausschlaggebende Kraft in der Kunst ist. Doch für jemanden, der sein Handwerk nicht beherrscht, wird eine noch so durchschlagende Inspiration nie zu einem Kunstwerk sondern nur zu einem sentimentalen Abklatsch führen.
Je mehr Virtuosität jedoch vorhanden ist, desto wichtiger ist die Inspiration, die dann ja auch angemessen umgesetzt werden kann. Und ich denke auch, dass der geschickte Handwerker bewusst nach Inspirationsquellen suchen wird, um diese oder jene Facette seiner Fähigkeiten zu präsentieren.

Ich habe noch immer große Schwierigkeiten damit, Musik und Einheitsbreie zu beurteilen, dafür höre ich noch nicht lange genug. Ich kann eigentlich nur wie ein ungeformtes Kind sagen, das gefällt mir und das nicht. Ich befürchte aber, dass diese Methode ein wenig lächerlich ist, und möchte darum keine Urteile abgeben.
 
@ Dreamdancer, Ash
Mag sein, dass Ernst den "emotionalen Anteil" beim Komponieren als eine Selbstverständlichkeit betrachtet, über die es sich in den Interviews nicht zu reden lohnt ... hmm ... mit dem Handwerk allein wäre es ihm jedenfalls nicht möglich, glaube ich, die ganze Tiefe und Emphase der Werke von Petrarca, Löhns, Young zu erfassen, geschweige denn zu wundervoller Musik werden zu lassen. Hmm ... andererseits .. Ernst und Alexander scheinen ja musikalisch immer auf der Suche nach etwas Neuem zu sein - insb. Herr Veljanov, so scheint es, Porta Macedonia klingt z.B. vollkommen anders als The sweet Life - wollen immer etwas ganz Neues erschaffen, immer weiterkommen, sich musikalisch weitentwickeln, immer tiefer in die Strukturen der Musik eindringen, dies ist jedenfalls mein Eindruck, und dann ist es möglichweise erforderlich, dass man dem Intellekt (Handwerk) die höchste Priorität zuordnet und das Emotionale / Unbewusste verdrängt.
Aber wie gesagt, ich persönlich bin überzeugt, dass die Sphäre des Unbewussten (somit also das Emotionale) genauso wichtig ist wie das Handwerk, und natürlich lassen sich Emotionen nicht verbessern, alles hängt vom Talent des Künstlers ab, also ob er diese besondere Gabe besitzt, verschiedene Seiten seiner Persönlichkeit oder besser: verschiedene Schichten seiner Psyche so zu verbinden, kreativ einzusetzen, dass im kreativen Prozess wundervolle Musikstücke entstehen.
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Mir ist bewusst, dass nicht alle Berufsmusiker über ein offiziell abgeschlossenes Musikhochschulstudium verfügen, aber ich gehe davon aus, dass sie sich unter anderem auch die musiktheoretischen Kenntnisse autodidaktisch aneignen. Und ich bin auch nicht der Ansicht, dass es heute so viel weniger talentierte Musiker gibt etc., im Gegenteil, nur scheinen sie nicht so richtig zu wissen (insb. junge Musiker), wo sie Anknüpfungspunkte finden sollen, wie sie über das an der Musikhochschule/Musikschule usw. Gelernte verfügen sollen bzw. wie sie ihre Ideen umsetzen könnten. Sie scheinen irgendwie desorientiert zu sein, und ich denke, dies liegt vor allem an der Unselbständigkeit im Denken, die junge, sehr talentierte Musiker nur Formen wiederholen lässt, die sie bei ihren "älteren" Kollegen beobachten, die keine richtige Kreativität zulässt und ihre Individualität und Begabung extrem einschränkt. Ich beobachte diese Erscheinung (musikalische Unselbständigkeit im Denken) jeden Abend bei meinem 12-jährigen Sohn, leider, der jedes, wirklich jedes einzelne Dream Theater Stück akribisch zu analysieren versucht, versucht Petruccis Gitarrensoli originalgetreu wiederzugeben - dies allerdings nur mit seeeeehr eingeschränktem Erfolg - und das ist traurig und schade, traurig finde ich vor allem die Unfähigkeit beim Interpretieren von Musikstücken/Kompositionen seine eigene Persönlichkeit leben zu lassen, schöpferische Individualität zu entfaltenund diese Individualität in die Stücke einfließen zu lassen ... aber naja.
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Ich mache es übrigens (meistens) auch so wie Du, Ash 🙂, ich höre mir die Songs an und sage: Das gefällt mir und das nicht, ich finde einfach, dieses ganze akribische, "fachspezifische" Analysieren und Auseinandernehmen von Stücken schmälert extrem die Freude am Musikhören.
 
Lady Ash schrieb:
Ich kann eigentlich nur wie ein ungeformtes Kind sagen, das gefällt mir und das nicht. Ich befürchte aber, dass diese Methode ein wenig lächerlich ist, und möchte darum keine Urteile abgeben.

Ich finde das überhaupt nicht lächerlich - es ist das absolut wesentliche an Musik, dass sie gefällt und berührt. Das ist auch bei mir immer das Allererste. Wenn mich etwas ganz besonders anspricht, dann habe ich halt einfach den Drang, dass ich verstehen will, woran das liegt. Und dann fange ich an zu analysieren. Mir macht das grossen Spass 😀 Ich bin wahrscheinlich auch nicht ganz umsonst Wissenschaftlerin geworden, wenn auch in einem etwas anderen Feld. 😉

@Diana: Ich finde, Dein Sohn macht das für sein Alter genau richtig. Es ist doch nur gut, dass er sich ein so tolles Vorbild aussucht. Seine Persönlichkeit muss er doch erst noch entwickeln - dann kommt das mit der eigenen Interpretation bestimmt von ganz allein.
 
@ Dreamdancer
So richtig analysieren? Und wehe, wenn es keine 100000 Töne sind 😀, ich untersuche nur, wenn ich ein Stück nachspielen möchte und wenn es sich dabei um eine besonders komplexe, vielschichtige Komposition handelt, die ich mir nicht sofort merken kann, ansonsten spiele ich einfach frei nach Gehör nach, klingt zwar sehr primitiv, ist aber so 🙂 .
Bei Octavarium (DT) sagte mein Sohn: Mama, das ist Sakrileg, weil ich mir bei Interpretation (auf dem Klavier) einige ... "Freiheiten" erlaubte, aber mein Gott, Musik soll doch auch Spass machen ...
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Meine "cellierende" Tochter (das Verb wurde von einer Interviewerin des Herrn B.deutung erfunden) macht das auch wie Dianas Sohn. Sie spielt derzeit die Cello-Soli von sämtlichen Stücken, die wir so hören. CD läuft im Player, und irgendwann setzt sie mit ein ... Gänsehaut Feeling im Wohnzimmer.
Ich habe gestern mit ihr über Inspiration und genaues Nachspielen geredet ... und sie meint (meine Tochter, eben 😉 ), dass es wichtig ist, erst einmal genau zu wissen, wie es original geht, bevor man herumspielt. Die tollste Inspiration nütze ja nichts, wenn man sie nicht umsetzen könne.
 
DianaS schrieb:
So richtig analysieren?
Ja, schon, wenn ich die Zeit habe. Das ist inzwischen leider selten der Fall. Lohnt sich natürlich nur bei komplexeren Sachen. Während des Studiums musste schon mal eine Oper dran glauben... Mir hilft es aber, wenn ich Noten habe - ich bin im Raushören sicher nicht so geübt wie Du.
 
Zum Thema Handwerk ist mir noch eingefallen (bzw. habe ich gerade in einem Interview gehört), dass vor allem der Herr Veljanov zum Erscheinen des Indicator Albums gesagt hat, wie groß seine Befürchtungen waren, dass sie für dieses Album nur ihr handwerkliches Können abspulen würden. Entsprechend groß war die Erleichterung, dass auch nach 25 Jahren noch echte Inspiration möglich war und handwerklich hervorragende Songs voller Gefühl und Inhalt entstanden.
 
@ Ash
Es erscheint mir irgendwie überflüssig, noch einmal auf das Handwerk einzugehen, weil ich das handwerkliche Können (musiktheoretisches Wissen inbegriffen) - wie ich bereits unten schrieb - einfach voraussetze. Jedes vierjährige Kind weiß, wer ein Instrument beherrschen will, muss üben. Und dass das Üben einen hohen Grad an Disziplin und Konzentration erfordert, ist auch klar. Mein Sohn(12) spielt seit sechs Jahren Klavier, übt regelmäßig, okay, in letzter Zeit widmet er sich fast ausschließlich (d.h. bis auf die Pflichtübungen) seiner (relativ) neuen Leidenschaft: Gitarre, dennoch bin ich mit seinen Leistungen weitestgehend zufrieden, nur finde ich es schade, dass er, so scheint es, ein wenig Angst hat, auf dem Instrument zu improvisieren ... das macht doch Spass und steigert zudem die Motivation 🙂. Also, was das Interpretieren von Werken anbelangt: Ich habe einfach eine Aversion gegen das Nachahmen, weil dabei die eigene Originalität sowie das eigene "Interpretationskonzept" vollkommen verloren gehen. Und das ist nicht gut. Ich meine damit natürlich nicht, dass man beim Interpretieren so viel eigene Kreativität/"Persönlichkeit" in die Komposition einfließen lassen soll, dass man das Original nicht mehr erkennt 😉 , was ich meine ist ... ach, höre Dir doch einfach mal die Chopininterpretationen (Nocturnes) von Arthur Rubenstein, Maurizio Pollini, Elisabeth Leonskaja, Alice Sara Ott .. an, dann weißt Du, was ich meine.
 
Ich glaube, es ging Ash nur darum, dass es Interviews mit dem Hinweis auf den Anteil jenseits vom Handwerk gibt.

Ansonsten hast Du natürlich recht, was die Interpretation angeht. Ein Stück sollte quasi im Moment des Spielens neu entstehen. Improvisation ist natürlich wunderbar, z.B., wenn man Gabriela Montero zuhören darf ;😉 Das gab's in Köln: Mer losse d’r Dom en Kölle
 
Vielen Dank für den Hinweis auf diese interessante Künstlerin und den Link, Dreamdancer 🙂 .

Ich denke, ein wirklich guter Musiker / Künstler muss vor allem eines beherrschen: Die Kunst des individuellen Ausdrucks (die Fähigkeit stets anders zu klingen als alle anderen), dies sowohl in Bezug auf die Interpretation als auch auf das Komponieren von Werken.
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Ich habe mir Ashs Kommentare noch einmal durchgelesen, ja, ich glaube, ich habe da etwas missverstanden. Sorry Ash 🙂
 
In der Sonderedition der Sonic Seducer "Mittelalter Musik 3" ist ein längerer Artikel des Herrn Horn über seine Inspirationsquellen, was ihm als Vorlage dient, warum er es aufgreift. Und "Quod libet" soll dann im Herbst erscheinen.

@team: es ist vermutlich verboten, den Text einzuscannen und hier reinzustellen?

Ich finde es einen absolut lesenswerten Artikel, (danke schön dafür, Herr Horn) und es werden wirklich so manche der in diesem thread aufgeworfenen Fragen beantwortet. Was mich dann doch glauben lässt, dass die Herren sich tatsächlich die Zeit nehmen, uns hin und wieder einmal zuzulesen.
 
@Brosze: Da ist noch eine Stellungnahme von zu irgendetwas drin, für mich interessant außerdem Artikel über Estampie, Faun, und noch jemanden, den ich mag, fällt mir gerade nicht ein.
Mein Problem damit ist persönlicher Natur: Die Zeitung ist Heiligtum meiner Tochter - ich muss schriftliche Anträge stellen, wenn ich etwas darin lesen möchte, diese Stellungnahme von Ernst (ich weiß wirklich nicht zu was) habe ich noch nicht zu Gesicht bekommen.

Den China Bericht kenne ich - an dieser Stelle, danke vielmals, Pandora 🙂 aber ist das nicht alles ein bisschen albern? Wo ist der Unterschied?
 
[quote="aber ist das nicht alles ein bisschen albern? Wo ist der Unterschied?[/quote]

Na, es gibt schon einen feinen Unterschied zwischen "Copy and Past" & "abschreiben".....

Jetzt aber bitte keine Diskussion über das Zustandekommen von Doktorarbeiten gewisser Volksvertreter... 😉
 
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