Wikipedia, Europa und der Papst

Zur PID: Ich kannte diesen Spiegelbericht nicht - kenne aber viele ähnliche. Ich bin, wie gesagt, dafür, anerkenne aber die ethischen Bedenken, die dagegen sprechen.
Zum Kondom: Gleichfalls, 100% Zustimmung.
:ymapplause: :ymapplause: :ymapplause:

Mit der Religion scheinen wir ein Definitionsproblem zu haben - während die christliche, und dann vor allem die kath. Religion hier mehrheitl. abgelehnt wird, findet ihr andere Spielarten von fernöstlich bis zur Mineralogie ganz akzeptabel. Ganz gewiss können die gleichen, relevanten Fragen auch vor so einem Hintergrund gestellt werden. Wichtig ist (mir) nur, dass solche Fragen überhaupt gestellt werden.

Lady Ash schrieb:
Mir scheint eine Verweigerung der Religion oftmals eine weiterführende Verweigerung zu sein, nämlich, sich überhaupt auf transzendente Themen einzulassen, bzw. eine Unfähigkeit damit umzugehen.

Ein Bekannter von mir sagte einmal bezüglich Transzendenz, er glaube an die Sonne, denn die sähe er. Das ist richtig, aber mir zu wenig. Ich glaube er begreift bis heute nicht, warum mir das nicht reicht. Vielleicht habe ich an dieser Stelle verallgemeinert, Entschuldigung, ich wollte niemanden hier angreifen.

Persönlich empfinde ich, dass neue Religionen oftmals eine attraktivere, dem Zeitgeist entsprechende Verpackung aufweisen und sie deshalb leichter zugänglich erscheinen als z.B. das von Diana empfohlene Buch Ratzingers über die Werte im Umbruch. Ich lese es gerade, weil ich es nicht mag, in Unkenntnis über etwas zu urteilen und ich bin mir meiner eigenen Defizite schmerzlich bewusst. Es ist nicht einmal schwerer zu lesen, als andere Schriften dieser Art ... nur, es wirkt eben so angestaubt.
Ich finde es intolerant, aus Bequemlichkeit solche Dinge nicht zu lesen und sie dann (ungelesen) zu verwerfen. Intolerant und leider nicht sehr ... klug.

Tapir schrieb:
Ich weiß nicht, ob es einen Gott gibt. Aber ich finde es nicht verwerflich, wenn man sich die Welt rational und ohne eine Religion zu erklären versucht. Ich finde es auch nicht verwerflich, wenn man zu dem Schluss kommt: Es gibt keinen Sinn.

Und auch da stimme ich dir zu.
Ich halte mich nicht für gläubig, irgendwie scheine ich da in eine Schublade gerutscht zu sein, aus der ich gerne wieder heraus möchte, bitte! Ich würde es vielleicht gerne sein, weil, ja, ich glaube das Leben ist dann leichter, aber ich bin in keinem kirchlichen Sinne gläubig.
Im Studium habe ich viel Bloch gelesen; das Prinzip Hoffnung und Atheismus im Christentum usw. Durch eine Diskussion im Bücherthread ist mir ein grundlegender Satz von damals wieder eingefallen: Es ergibt sich hier nämlich auch die Notwendigkeit der Theophanie: Entweder Gott ist nicht gut, oder Er ist nicht allmächtig ...
 
@ Lady Ash: Ok, dann hab ich deinen verwendeten Begriff der "transzendente[n] Themen" falsch verstanden. Mit Transzendenz habe ich sofort den Glauben an den (christlichen/muslimischen/jüdischen) Gott und die dazugehörigen Religionen assoziiert, aber du meintest damit eher generelle Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach der Entstehung des Universums, wer bin ich? wieso sind wir hier?, gibt es eine höhere Inteligenz, die alles geschaffen hat, oder ist alles nur Zufall oder (irgendwann) vollständig wissenschaftlich erklärbar? usw.

Lady Ash schrieb:
[...]während die christliche, und dann vor allem die kath. Religion hier mehrheitl. abgelehnt wird, findet ihr andere Spielarten von fernöstlich bis zur Mineralogie ganz akzeptabel. Ganz gewiss können die gleichen, relevanten Fragen auch vor so einem Hintergrund gestellt werden. Wichtig ist (mir) nur, dass solche Fragen überhaupt gestellt werden.
Ich finde Mineralogie und fernöstliche Spielarten der Religion nicht akzeptabler als andere etabliertere Religionen, wie die katholische. Ich wollte nur sagen, dass viele Menschen auf die großen drei Religionen zurückgreifen, wenn sie überhaupt eine haben, und sich damit das Leben zu erklären versuchen. Dennoch muss das nicht der richtige Weg für den/die Einzelne/n sein. Wie du schon sagtest, muss jeder sich selbst die Sinn-Fragen stellen und kann dann auf unterschiedlichem Wege (Christentum/Mineralogie/Hinduismus/Philosophien/Ersatzreligion/Atheismus/Agnostizismus/wasauchimmer) zu einer Lösung kommen oder eben nicht (oder nicht sofort). Wie Nachteule sagte, kann das durchaus ein lebenslanger Prozess sein, indem sich die Antworten ändern können.
 
Nachteule schrieb:
@Lady Ash: Soll nun kein persönlicher Angriff sein, aber ich kann deine Argumentation überhaupt nicht nachvollziehen! Ich halte es für ziemlich arrogant, einem nicht gläubigen/religiösen Menschen zu unterstellen er sei nicht oder nur schwer in der Lage, seinem Leben einen Sinn zu verleihen bzw. sich mit transzendentalen Fragen zu beschäftigen! Bzw. ein zunehmendes Maß an Religiosität auch noch als Entwicklungsprozess im Leben eines Menschen darzustellen.

@ Nachteule
Gestern haben sich unsere Postings etwas überschnitten, und ich hatte nicht sonderlich viel Zeit.
Ich kann ein Forum schon vom realen Leben unterscheiden, keine Angst, ich fühle mich nicht angegriffen. Ich glaube aber, dass meine Antwort an Tapir auch für dich gelten könnte.
Ich habe in einer ungerechtfertigten Analogie von meinem nichtreligiösen und oberflächlichen Bekannten auf nicht-religiöse Menschen im Allgemeinen geschlossen. Das war ein wirklich dummer Fehler, für den ich mich hier noch einmal entschuldige.

Und ich bin eigentlich schon der Meinung, dass sich irgendwann im Leben (hallo, ich bin fast 40 - zu irgendetwas muss das Alter doch gut sein) eine Bereitschaft einstellt, doch die Idee einer Vorherbestimmung oder eines göttlichen Einflusses in der Entstehung des Lebens zuzulassen. Vielleicht ist es bei mir auch eine gewisse Freude daran, in alten Texten nach gültigen Wahrheiten zu suchen.
 
Lady Ash schrieb:
Und ich bin eigentlich schon der Meinung, dass sich irgendwann im Leben (hallo, ich bin fast 40 - zu irgendetwas muss das Alter doch gut sein) eine Bereitschaft einstellt, doch die Idee einer Vorherbestimmung oder eines göttlichen Einflusses in der Entstehung des Lebens zuzulassen. Vielleicht ist es bei mir auch eine gewisse Freude daran, in alten Texten nach gültigen Wahrheiten zu suchen.

Sehe ich eigentlich genau andersrum. In meinen Augen könnte ich die Idee der Vorherbestimmung etc. bei Kindern noch gelten lassen. Aber mit den Erfahrungen des Alters? Ich halte es da wieder mit Dawkins: "Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott!". Aber bitte nicht wieder als religiösen Angriff werten. Ich wünsche Euch ein paar schöne Feiertage.
 
@ Ash
Ich schreibe Dir zum Einen, weil mich Deine Beiträge in diesem Thread fasziniert und intellektuell angeregt haben, zum Anderen, weil ich glaube, in einigen Punkten von Dir ein wenig missverstanden worden zu sein. Ich bin zum Beispiel persönlich überhaupt nicht der Ansicht, dass jeder Mensch eine Religion haben sollte. In meinem Kommentar an Blackrose wollte ich nur betonen, dass wir Menschen auch 2000 Jahre nach Christus noch gleiche christliche Grundwerte haben - und genau diese Werte sind in den philosophischen Schriften Platons und Kants vertreten worden, auch der Philosoph Thomas von Aquin definierte mit Liebe (caritas), Glaube (fides) und Hoffnung (spes) die menschlichen Tugenden - nur sind sie heute in einer so komplizierten Welt nicht mehr so leicht zu verwirklichen. Leider.
Und was mich persönlich anbelangt: Ich bin zwar katholisch getauft, dennoch nicht im kirchlichen Sinne gläubig. Ich gehe nicht regelmässig in die Kirche, aber manchmal verspüre ich das Bedürfnis hinzugehen und empfinde sie einfach als einen Ort der Ruhe und Friedseligkeit, an dem ich gerne bin, an dem ich über vieles nachdenken und zu mir selbst finden kann ... hmm ich fühle mich spirituell, intellektuell und menschlich gereift und in mir ruhend. Ein besseres Gefühl kann es aus meiner Sicht kaum geben.

Lady Ash schrieb:
Vielleicht ist es bei mir auch eine gewisse Freude daran, in alten Texten nach gültigen Wahrheiten zu suchen.
In alten Texten nach gültigen Wahrheiten suchend ... hm ja, die Ewigkeit der Suche und der Fragen ... warum glauben wir an eine höhere Macht? Warum studieren wir Bücher und Philosophen? Warum sind wir hier und tun das, was wir tun? Ich glaube, nur wer sich selbst eine absolut ehrliche Antwort darauf geben kann, wird die Gelassenheit und vor allem Zufriedenheit im Leben finden. Bis dahin wird er aber ein Getriebener sein ohne Sicht auf das Ziel und nie ankommen können.
 
Hmm, ja, ich glaube auch, dass wir immer um ein paar Nuancen aneinander vorbeireden.

DianaS schrieb:
Ich bin zum Beispiel persönlich überhaupt nicht der Ansicht, dass jeder Mensch eine Religion haben sollte.

Ich schon. Irgendwie.
Religion ist für mich persönlich ein spannendes Lebensthema, das mich immer wieder zwischen Extremen schwanken lässt. Leider bin ich ein eher extremer Mensch, was durch die Verantwortung für mein Kind zwar ein bisschen besser geworden ist, aber ich bin ursprünglich nicht sehr gleichmäßig angelegt. Die Einsicht einer Brozse wäre mir im entsprechenden Alter nicht gegeben gewesen. 🙂 Was ich sagen will ist, dass ich mir in meinen frühen Twens sogar ein klösterliches Leben hätte vorstellen können, aber später auch durchaus die Meinung von Blackrose geteilt habe. Und jetzt nach verschiedenen Katastrophen etwas haltlos zwischen den Lagern treibe ... Denn, Diana, das Gefühl des In-Sich-Ruhens, ich kenne es auch, war bei mir leider nicht von Dauer ...
Religion ist und bleibt für mich also ein Eckpfeiler des Lebens, die Suche ebensosehr wie die Erkenntnis, wobei es mir eigentlich egal ist, wie man diese Auseinandersetzung nennt, nur finde ich sie eben wichtig.

Nachteule schrieb:
Ich finde nichts Schlechtes daran, ein Leben lang auf der Suche zu sein. Gewissheit werden wir sowieso nie haben. Wir alle nicht, Gläubige wie Ungläubige!

Das fände ich auch nicht schlimm. Aber ich glaube, ich fände es traurig, wenn man nicht einmal den Bedarf für eine "Suche" anerkennen wollte.
 
@ Ash
Hmm ... ich bin auch ein "extremer Mensch", in vielerlei Hinsicht, aber ich würde niemals die Ansicht von Blackrose teilen, jedenfalls nicht uneingeschränkt ... möglicherweise weil ich ganz genau weiß, was meine Grundüberzeugungen, meine Grundwerte sind. Ich weiß, wofür ich "eintrete" und ich weiß, wie ich es umsetzen will (so dass ich nicht Gefahr laufe, mich in Vorurteilen zu verlieren - Herr Veljanov weiß offensichtlich nicht, dass die Auffassung des Papstes in Bezug auf Aids, Verhütung und Afrika in der internationalen Presse zu "verkürzt" wiedergegeben worden ist und in der dargestellten Radikalität nicht seiner Einstellung entspricht). Und ich bin überzeugt, dass hinter dieser (vordergründigen) Suche nach religiöser Erkenntnis immer die Suche nach dem Sinn steckt. Und, kannst Du ihn für Dich definieren? Wofür tritt Ash ein? Und wogegen ist sie? Kannst Du dir selbst eine absolut ehrliche Antwort darauf geben?
 
DianaS schrieb:
@ Ash
(Herr Veljanov weiß offensichtlich nicht, dass die Auffassung des Papstes in Bezug auf Aids, Verhütung und Afrika in der internationalen Presse zu "verkürzt" wiedergegeben worden ist und in der dargestellten Radikalität nicht seiner Einstellung entspricht).

Vielleicht weiß er es, vielleicht nicht.
Ich habe kürzlich zwei (allerdings ältere) Interviews mit Herrn Veljanov gelesen, die meine Achtung vor seiner Bildung eher steigen lassen... wobei meine diesbezügliche -und im übrigen völlig unerhebliche- Meinung von Anfang an nicht gering war.
Die Frage hierzu ist eigentlich, in wie weit es vertretbar ist, Meldungen der internationalen Presse zu kommentieren, ohne dabei auf deren möglicherweise verfälschten Grundgehalt hinzuweisen. Ist man grundsätzlich dazu verpflichtet, in einer bloßen Gesprächssituation den kompletten Hintergrund einer gängigen These offenzulegen? Herr Veljanov tut das nicht (immer). Ein banales Beispiel dafür ist, wie er bei seinem Abba-Auftritt die (falsche) Darstellung durchgehen lässt, dass er Abba ganz furchtbar fände.
Eigentlich lustig diese Wendung, wenn man sich daran erinnert, dass wir anfangs über moderne Medienmanipulation gesprochen haben.

Übrigens erwacht in mir doch der Verdacht, Diana, dass du den Papst vielleicht etwas idealisierst und an diese Zweiteilung des früheren (als reformfreudig angesehenen) Präfekten und des späteren (als engstirnig eingestuften) Kurienkardinal glaubst - und dadurch wie z.B. Kardinal Lehman der Meinung sein kannst, dass Ratzinger nach seiner Wahl automatisch sein früheres Programm (Interessant z.B. in Bezug auf die Stellung der Frau innerhalb der Kirche) weiterfahren, bzw wiedereinführen könnte.
Ich lese ja gerade über und von Ratzinger und komme mehr und mehr zu der Auffassung, dass er ein umfassend gebildeter, sehr, sehr kluger Mensch ist - aber ich weiß nicht, ob ich deinen Enthusiasmus über ihn so recht teilen kann.
 
@ Ash
Zu Deinen Ausführungen ist sehr viel zu sagen. Leider habe ich im Moment nicht die Zeit, um alles aufzuschreiben. Nur soviel: Ich finde nicht, dass man "in einer bloßen Gesprächssituation" den kompletten Hintergrund einer These nicht offen zu legen braucht. Im Gegenteil. Gerade bei solchen Gesprächen (s. Interview mit Herrn Veljanov) ist es meiner Ansicht nach wichtig, die Thematik umfassend aufzuarbeiten (und dabei meine ich nicht Herrn Veljanovs rethorische Fähigkeiten etc.), sondern vielmehr die inhaltliche Erschöpfung dieses wichtigen Themas und da ist er eben auf dem halben Weg stehen geblieben, und "erging sich", so empfand ich es jedenfalls in diesem konkreten Interview, in enttäuschenden Plattitüden. Ash, Du hast doch das Seewald - Interview gelesen und weißt, es sind einfach viele Aspekte, die bei so einer Diskussion nicht unter Tisch fallen dürfen. Anderenfalls landet man sehr schnell, ich verallgemeinere in unzulässiger Weise, verzeih mir, beim polemisierenden Denken eines Bildzeitungslesers. Und das wiederum finde ich nicht nur Schade, sondern geradezu gefährlich. Denn durch das gezielte Weglassen von Informationen werden hier Meinungen produziert.

Und Ash, ich glaube nicht, dass ich den Papst idealisiere, nur besteht für mich überhaupt kein Anlass, seine Persönlichkeit in ein derart schlechtes Licht (wie Blackrose) zu stellen. Zumindest konnte ich, insbesondere nachdem ich "Licht der Welt" gelesen habe, keinen Grund für eine solche Diffamierung erkennen.
Bitte versteh mich nicht falsch Ash. Ich mag und schätze den Künstler Veljanov sehr, insb. durch sein letztes Projekt erreichte dieser Künstler in meiner Wahrnehmung einen Grad der Perfektion, der mich zutiefst beeindruckt. Nur teile ich seine politischen Ansichten nicht (oder besser: nicht alle seine politischen Auffassungen).

(Und was die Stellung der Frau innerhalb der katholischen Kirche betrifft: In seiner Enzyklika betonte Papst Johannes Paul II die Unteilbarkeit der Menschenrechte. Zu diesen Menschenrechten gehören unbestritten die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Nur befinden wir uns noch immer in den Ausläufern einer patriarchaischen Epoche mit der Folge, dass Frauen oft missachtet werden, und insb. innerhalb der römisch - katholischen Kirche wird die Gleichberechtigung noch zu "kämpfen" haben. Aber es sind auch sehr viele Fortschritte erkennbar).
 
Okay, lassen wir es dabei.

Ich glaube trotzdem nicht, dass Herr Veljanov den Papst "diffamieren" wollte, oder denke vielmehr, dass es sich anders lesen würde, wenn eine Diffamierung in seiner Absicht gelegen hätte. Einen Angriff, ja, und vor dem Hintergrund des Seewald Interviews meinetwegen etwas oberflächlich - aber ich würde dennoch keine "enttäuschenden Platitüden" in dieses Veljanov Interview hineinlesen wollen.

DianaS schrieb:
Anderenfalls landet man sehr schnell, ich verallgemeinere in unzulässiger Weise, verzeih mir, beim polemisierenden Denken eines Bildzeitungslesers

Und ich würde dieses Interview ganz gewiss nicht in die Nähe der Bildzeitung stellen, bitte entschuldige die Provokation. 🙂
Ich teile deine Meinung, dass die Darstellung von Blackrose zu einseitig war, ich bin immer für differenziertes Denken und empfinde Pauschalisierungen wie "verbrechererische Organisationen" in diesem Zusammenhang auch als schwer haltbar.

DianaS schrieb:
Ich mag und schätze den Künstler Veljanov sehr, insb. durch sein letztes Projekt erreichte dieser Künstler in meiner Wahrnehmung einen Grad der Perfektion, der mich zutiefst beeindruckt. Nur teile ich seine politischen Ansichten nicht (oder besser: nicht alle seine politischen Auffassungen).

Ich hingegen teile wahrscheinlich trotz allem die meisten seiner (öffentlich geäußerten) politischen Auffassungen - und habe eher Probleme mit den gelegentlich "postpunkigen Wurzeln" (oh, ich liebe diesen Ausdruck, Gwendolina) seiner Ausdrucksweise...

So, und jetzt werde ich noch einmal "Seraphim" hören, ein gefährlich schöner Song, wie ich finde. :x
 
Eigentlich reizen mich die Ansichten von Fräulein Diana S. ja mal wieder zu einer Gegenargumentation. Aber ich will den Forumsfrieden nicht stören. Nur so viel: Ich habe nie die Kirche in ihrer Gesamtheit als verbrecherisch dargestellt, sondern nur in weiten Teilen. Da besteht schon noch ein kleiner Unterschied! Abschließend eine kleine Nachtlektüre. http://www.verbrechenderkirche.de/

Ach ja, warum z.B. die Mafia über die Vatikanbank unter aller Augen Geld waschen darf, hat mir auch noch keiner von euch erklärt. Verdammt, jetzt habe ich aber auch wieder polemisiert. 🙁
 
@ Ash
Du hast mich mal wieder missverstanden. "Diffamierung" bezog sich auf die Aussage von Blackrose und nicht auf Herrn Veljanovs Stellungnahmen in dem Interview. Aber wie dem auch sei, das Veljanov Interview hat bei mir persönlich keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Du würdest dieses Interview nicht in die Nähe der Bildzeitung stellen und ich würde mich sehr wundern, was es in dieser Form z.B. in der ZEIT oder im SPIEGEL zu suchen hat. In der Bildzeitung würde ich es akzeptieren, aber beileibe nicht gut finden. Weißt Du, diese oberflächlichen Beiträge sind genau der Grund, warum ich so gut wie keine Tageszeitungen mehr lese. Und was das andere "Interview" betrifft, Stichwort: "postpunkigen Wurzeln", die Aussagen dort sind an Absurdität und Oberflächlichkeit fast nicht mehr zu überbieten. Es tut mir leid, aber dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein.
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Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich mag Alexander Veljanov und seine Musik sehr. 🙂 Ich denke nur seit einiger Zeit - gerade auch seitdem ich die beiden Interviews gelesen habe - intensiv über künstlerische Ansprüche und über künstlerisches Selbstverständnis nach - aber auch über eine Ethik des Berichtens, über Ideale und Werte. Meiner Einschätzung nach wird viel zu wenig Zeit darauf verwendet.
 
DianaS schrieb:
Und was das andere "Interview" betrifft, Stichwort: "postpunkigen Wurzeln", die Aussagen dort sind an Absurdität und Oberflächlichkeit fast nicht mehr zu überbieten. Es tut mir leid, aber dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein.

Sorry, dass ich mich da jetzt einfach mal ein einklinke, aber da würde ich jetzt gern wissen, was genau du an dieser Stelle meinst... magst du vielleicht mal ein Beispiel anführen? 🙂
 
Ach Diana S., ein Interviewband und Du hast dir die Meinung über ihn gebildet. Sehr interessant. Intentionen des Interviewers und des Interviewten werden gar nicht hinterfragt. Alle anderen Meinungen sind nur diffamierend, da braucht man sich auch gar nicht mit auseinanderzusetzen. Tja, ist der Mensch auch noch so klug, beim Thema Religion hört alles auf.
 
@ Diana: Entschuldige, ich habe mir gestern nicht die Zeit genommen, deinen Beitrag aufmerksam genug durchzulesen.
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Und über die meisten seiner Interviews sind Diana und ich wahrscheinlich durchaus einer Meinung:

Das "post-punkige": Sollte es je gegeben worden sein, bin ich noch immer der Meinung, dass Herr V. solchen Schwachsinn nur unter dem Einfluss größerer Mengen von Alkohol von sich gegeben hat. Aber, Gott, er war halt erheblich jünger, und wie sollte er sich damals auch vorstellen können, dass gerade seine eigene Fan Page später solchen zumindest kontroversen Kram postet.

Das 2008 Interview: Ich mag es auch sehr und meine Meinung ist maßgeblich von Interviews dieser Art geprägt, und Blackrose, es gibt wirklich mehr als nur dieses eine!

Das neuste, hier diskutierte: Meine Tochter sagte gestern, nein, für die Bildzeitung sind Veljanovs Sätze zu lang 🙂) Ich habe eigentlich keine Ahnung, wie die Bildzeitung aussieht (und vermute Diana auch nicht) aber ich glaube wirklich nicht, dass der Künstler Veljanov, seine Musik oder seine Themen für ein solches Massenpublikum interessant sind. Und während ich dir recht gebe, dass es für Die Zeit dann doch zu oberflächlich wäre, bin ich mir nicht sicher, ob es sich nicht alle Mal auf Spiegel-Niveau bewegt.

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@ Diana
Bestimmt hast du Recht, über künstlerische Ansprüche und künstlerisches Selbstverständnis nachzudenken. Ich tue das auch und komme vielleicht zu anderen Ergebnissen als du:
Herr Veljanov selber sagt doch, dass Musikersein für ihn primär ein Job ist, dass sich das Lakaienselbstverständnis auch auf eine Zeit bezieht, wo man Musiker ein Beruf wie Bäcker war ... und was für ein "Selbstverständnis" hat nun ein Bäcker? (Das soll nicht abwertend sein - ich kenne keine Bäcker und bin gerne bereit mich von ihrem Intellekt beeindrucken zu lassen) Ich weiß nicht, ob du, Diana, nicht möglicherweise zu hohe Ansprüche stellst an einen Mann, der lediglich sein Geld damit verdient, dass er gut singen kann - und zufälligerweise intelligent genug ist, sich auch noch den einen oder anderen Gedanken über gesellschaftliche und politische Strukturen zu machen. Aber diese Gedanken sind seine Privatsache, ähnlich wie seine Fußballbegeisterung. Sollte er in irgendeinem lokalen Verein bei den "Alten Herren" spielen wird niemand auf sein künstlerisches Selbstverständnis schließen, je nachdem wie oft er das Tor trifft oder nicht.
 
DianaS schrieb:
@ Darky
http://de.colour-ize.com/pages/specials ... unzel2.htm
der Inhalt dieser "Interview - Satire" gefällt mir ganz und gar nicht. Und dafür gibt es jede Menge Gründe, die mir auch allesamt ganz und gar nicht gefallen, eigentlich führt er sich selbst ad absurdum ... aber egal ... ich finde dieses Interview hier sehr interessant und lesenswert
http://www.musik.terrorverlag.de/interviews.php?id=618
LG

Ah okay, um das ging es, das hatte ich dann wohl vorher nicht ganz geblickt... danke fürs Linken jedenfalls 🙂
 
@ Ash
Ja, die Sätze sind tatsächlich zu lang und zu schwer für die Leserschaft der Bildzeitung - ich stelle ja Herrn Veljanovs rhetorischen Fähigkeiten nicht in Abrede. Es ging mir vielmehr um die inhlatliche Erschöpfung der Thematik - man müsste sie (die Sätze) dann herunterbrechen auf den Verständnishorizont der Zeitungskäufer. 🙂 Hmm ... ich habe nachgedacht, welches Medium würde am besten Herrn Veljanovs Ideen transportieren (?) Und ich würde sagen, die ZEIT. Zum einen weil sie eher im links - intellektuellen Milieu anzusiedeln ist, und zum anderen, weil sie sich in diesem schnelllebigen journalistischen Alltag tatsächlich Z e i t für wichtige Themen nimmt. Hm ... interessant ...
--
Ich halte Herrn Veljanov auch für einen begabten und intelligenten Künstler, ich konnte in seinen Interviews aus dem Jahr 2008/2009 viel Reflexion sehen - das findet man nicht oft. Nur in den letzten Interviews (2010) hatte ich irgendwie das Gefühl, er jongliert mit Worten ohne tatsächlich einen eigenen Standpunkt einzunehmen (da ist irgendwie diese "andere Seite" in ihm, verstehst Du, diese Seite, die so überhaupt nicht zu dem passt, was er in den früheren Interviews gesagt hat), und das kann er sich als anspruchsvoller Künstler meiner Ansicht nach nicht erlauben. Alexander Veljanov muss immer einen eigenen Standpunkt haben, denn sonst kann VELJANOV keinen haben. Und wenn VELJANOV keinen hat, oder wenn man ihn nicht sieht, dann ergeben seine Projekte keinen Sinn, sein Zeitungsinterview ist dann einfach nur oberflächlich, und man muss um die Bäume trauern, die für das Druckpapier abgeholzt wurden. Er ist nun mal kein Bäcker Ash.
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Ich werde jetzt "Dirt" und "Seraphim" hören. 🙂
LG Diana
 
@Diana
Ich habe selten eine so schöne Stellungnahme gelesen... dem kann man nichts hinzufügen. Du sprichst mir aus der Seele und formulierst es schöner als ich vielleicht gekonnt hätte.
 
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