Wikipedia, Europa und der Papst

Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Lady Ash schrieb:
@ Athanasius
Aber ich wage aber anzuzweifeln, ob die kath. Kirche in irgendeiner Form besser befähigt ist, Entscheidungen über die ganze Technologie rund um IVF/ICSI und PID zu treffen. Denn das sind dann Elfenbeinturm-Entscheidungen, super theoretisch durchdacht (hoffentlich) aber unbeseelt (so wie ich deinen Beitrag gestern empfunden habe). Der rein theoretische Ansatz funktioniert aus meiner Sicht genauso wenig, wie der emotionale … weshalb ich die ärztlichen Ethikkommissionen für eine ausgezeichnete Institution halte.

Zwei Kleinigkeiten dazu: Ich vertrete zwar die Auffassungen der Katholischen Kirche in diesen Fragen. Aber ich halte einerseits meine Auffassung auch aus rein säkularen Argumenten für richtig. Andererseits sehe ich, dass rein glaubensbezogene Argumente nur eingeschränkte Intersubjektivität besitzen, da sie eben nur für den Gläubigen oder die Gläubige Gültigkeit besitzen. Dies erscheint mir auch ein Problem dieser Diskussion (jetzt nicht von Dir aus aber von anderen) ---> es werden hier zwei völlig unterschiedliche Fragen vermischt: Ausgangspunkt waren Beiträge, in denen die Fragen von Glauben und Reproduktionsmedizin nur marginale Berührungspunkte hatten. Jetzt ist hieraus aber irgendwie eine Mischdiskussion entstanden, die zwischen "Williamson-Affaire", "Mein Bauch gehört mir" pp. hin und herspringt....

Das Elfenbeinturm-Problem: Ja....das ist leider wohl ein Problem meiner Argumentation. Aus diesem Grunde halte ich in den entsprechenden Fällen ebenso Ethikkommissionen für geboten und denke: das (rechtliche) Prinzip ist halt nur ein Prinzip. Gerechtigkeit ist aber zu einem Gutteil Kasuistik...


DianaS schrieb:
@ Meister Athanasius
Aus der Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs darf nicht automatisch auf die Zulässigkeit von PID geschlossen werden. Denn der Verzicht des Gesetzgebers auf eine "Bestrafung" beruht nicht auf dem Vorrang des Selbstbestimmungsrechts vor dem Überlebensinteresse des Embryos .....

Herzlichen Dank für die Argumente.....auf den ersten Blick halte ich die Argumentation für (verzeih mir bitte "den Juristen") gut vertretbar....auch ich muss mir das aber noch einmal in ruhiger Minute durchlesen, um angemessen antworten zu können; kurz vor dem Jahresende brummt es in meinem Job ein wenig sehr.

Blackrose1975 schrieb:
Nett gemeint, aber ich werde meine kostbare Zeit definitiv nicht mit dem Pabst oder der Kirche verschwenden. Wenn er die Eigenschaften hätte, die Du ihm gibst, wäre er definitiv nicht an der Spitze dieser in weiten Teilen verbrecherischen Organisation!

Täuschen mich meine Augen, oder lese ich hier das eine oder andere kleine Vorurteil zwischen den Zeilen? ;😉

Darky schrieb:
Und zu der Kirchensache: ich bin Magister der Philosophie und Religionswissenschaft. Nur so zur Info. Das Argument mit "sich nicht mit Dingen beschäftigen und sie dennoch verteufeln" greift daher nicht so richtig. So einfach mache ich mir nämlich nicht. Ich komme anscheinend nur zu anderen Ergebnissen.

Aha. Wissenschaftliche Qualifikation ist aber kein hinreichender Entschuldigungsgrund für fehlende Argumente. :|
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Lady Ash schrieb:
Woher beziehst du denn dein Wissen, um so vernichtend zu urteilen?
Bist eines Morgens aufgewacht, und hast die ganze Organisation durchschaut, obwohl du eigentlich nie in eine Kirche gehst und dich auch nicht damit beschäftigst? Was für ein Glücksfall für dich. Weißt du, ich muss nämlich Sachen lesen, bevor ich sie verstehe, und dann muss ich drüber nachdenken ... und dann kann ich mir ein Urteil bilden.
Schön, dass das bei euch beiden einfacher geht. :ymdevil:

Nun Lady Ash, ich bin leider zeitlich nicht in der Lage hier all eure Kommentare in Gänze zu lesen, sondern ich überfliege sie nur. Aber ich denke, deine Kommentare und auch die von Diana S lassen auf einen hohen Bildungsgrad schließen. Insofern glaube ich nicht wirklich, dass ihr die Kirche als Hort des Friedens und der Unschuld betrachtest. Das ich nicht in die Kirche gehen muss, um mich über ihre Machenschaften zu informieren, dürfte ja wohl auch klar sein. Wenn hier schon so viel Literaturtipps gehandelt werden, dann hier meiner: Richard Dawkins: "Der Gotteswahn". Natürlich ist mein Urteil vernichtend. Allerdings muss ich auch gleich klarstellen, dass ich dieses Urteil über alle Religionen fälle!

Und zum Nachdenken: Was hat denn die Kirche in deinen Augen für positive Eigenschaften? Ich gestehe den Menschen den Glauben zu. Wenn es ihnen hilft, zu glauben und zu beten, dann dürfen sie das von mir aus gerne tun. Ich bin auch für Religionsfreiheit. Ich gestehe jedem das Recht auf seine Religion zu. Das ist mir echt egal, nur soll man mich damit in Ruhe lassen. Und gerade in Deutschland ist es verdammt schwer, nicht von (hauptsächlich der christlichen) Religion belästigt zu werden.

Mir fallen zum Thema Kirche spontan Mittelalter oder Zwangsmissionierung oder Verbrechen der Vatikanbank ein. Und eine nicht zu leugne Haltung hin zu "rechten" Tendenzen. In Mittel- oder Lateinamerika steht die Kirche immer den "rechte" Regierungen nahe. Von den USA und den Auswirkungen der Kirche auf die falsche Politik will ich gar nicht reden. Das es auch Gegenbeispiele gibt, will ich doch gar nicht in Abrede stellen. Mutige Priester, die für die christliche Überzeugung ihr Leben opferten. Meine größte Hochachtung! Nur stehen sie nicht für die Gesamtorganisation. Ich habe hier im Forum irgendwo eine klasse Spruch gelesen: "Das Schlimme an den guten Christen ist, dass man sie mit dem Christentum verwechselt!" (oder so ähnlich).
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Darky schrieb:
Und zu der Kirchensache: ich bin Magister der Philosophie und Religionswissenschaft. Nur so zur Info. Das Argument mit "sich nicht mit Dingen beschäftigen und sie dennoch verteufeln" greift daher nicht so richtig. So einfach mache ich mir nämlich nicht. Ich komme anscheinend nur zu anderen Ergebnissen.

Aha. Wissenschaftliche Qualifikation ist aber kein hinreichender Entschuldigungsgrund für fehlende Argumente. :|[/quote]

Wer sagt, dass mir Argumente fehlen? Bisher habe ich nur meine persönliche Meinung zum Thema dargelegt. 😉
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Nur ganz kurz zum Thema on-/off-topic:

Gebt doch dem Thread einfach einen Titelzusatz ... sowas wie: Schnick-Schnack in den Weiten des www - Diskussionen ... oder - weiterführende Diskussionen ... oder sowas. Oder gebt ihm einen komplett neuen Titel.
Ich finde, dass ein Titelzusatz ohnehin die Übersichtlichkeit bezüglich gespalteter Threads verbessern würde.

Erneut spalten würde ich hier nichts.
Da haben sich Diskussionen entwickelt, die nur noch rudimentär mit dem Ausgangspunkt zu tun haben, für sich aber durchaus zusammenhängen... ist doch toll! 🙂

Ich bitte zu entschuldigen, dass ich mich in dieser Diskussion gerade nicht anderweitig zu Wort melde...
Ich brauch mal kurz ne Pause...

Bis dahin 🙂
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Hallo,

jetzt finde ich endlich die Zeit, euch einigermaßen angemessen zu antworten 🙂

Zunächst möchte ich voranstellen, dass ich das Leben für ähnlich absolut schützenswert halte wie Athanasius und Diana.
„Mein Körper“ ist für mich nun einmal eine andere Dimension als ein ganzes neues Leben, das eines Tages selbstständig die erstaunlichsten Sachen vollbringen könnte, Darky. Und auch ich bin grundsätzlich keine Freundin der kath. Kirche, Blackrose. Obwohl ich dort auch immer wieder zwischen Extremen schwanke und noch lange keine Antwort gefunden habe. Wie du empfinde aber auch ich die historische Schuld dieser Institution als erdrückend. Dennoch empfand ich deine Anklage der Kirche als zu pauschal und zu unreflektiert.

@Athanasius und Diana: Die Gedanken einer interessierten Nicht-Juristin
IVF und ICSI sind legal zugelassene Behandlungsmethoden, daher verstehe ich deine, Athanasius, Einwände als rein ethische Bedenken. Es geht dir darum, denke ich, dass mehr Embryonen entstehen können, als „gebraucht“ werden. Tatsächlich ist das übrigens nicht so oft der Fall, wie man sich vorstellt, es werden den Frauen bis zu drei Embryonen zurückgegeben, in der Hoffnung, dass sich wenigstens einer einnistet - was in 60% der Fälle nicht geschieht. Die anderen Embryonen (falls es denn noch mehr gibt, und auch das ist nicht so häufig) können mittels Kyro Technologie für den „nächsten“ Versuch erhalten werden
Es ist mir klar, dass du argumentierst, ein einziges weggeworfenes Leben ist zuviel - und das wird geschehen, wenn vielleicht auch nicht so oft wie propagiert. Auch ich achte das Leben als heilig und empfinde die Idee mit der Spätbeseelung, was ich davon weiß, als eine clevere Ausrede. Leben ist Leben, da gebe ich Athanasius recht.

Ich weiß also nicht.
Konsequenterweise müsste man dir zustimmen, Athanasius, und die ganze Technologie ablehnen. Allein, vom menschlichen Standpunkt fällt es mir schwer. Und der Gesetzgeber hat dieses Verfahren sowieso erlaubt.

Die Einwände gegen die PID kann ich vor dieser Gesetzeslage allerdings nicht mehr nachvollziehen. Unbestritten ist die PID die einzige Methode, um (bekannte) Gendefekte zu verhindern, und zwar, ja, in dem den davon betroffenen Embryo nicht überleben lässt. Indem man den einen Tod wählt, der die Mutter/Eltern relativ unbeschadet davon kommen lässt. Ich sehe in dieser Selektion kein größeres Verbrechen als in dem Auswählen nach Zufallsprinzip oder was auch immer in einer normalen IVF.

Das Problem bei der PID ist, dass sie theoretisch ermöglicht, nur noch Jungs, oder blauäugige Kinder oder weiß der Geier was zu bekommen. Und auch das stimmt. Aber wie ein Arzt sehr salopp dazu sagte, die Möglichkeit, mit einer Schere zu morden ist durchaus existent, und trotzdem ist sie völlig legal in jeder Küche vorhanden. Das Risiko des Missbrauchs rechtfertigt nicht das Verbot an sich.

Das ethische Problem ist daher in meinen Augen wirklich eher die normale, legale IVF mit ihrem in Kauf genommenen, todgeweihten Überschuss … doch wer das erlaubt, sollte konsequenterweise auch die PID legalisieren.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

@ Ash
Lady Ash schrieb:
Dennoch empfand ich deine Anklage der Kirche als zu pauschal und zu unreflektiert.
Dem schließe ich mich an. Anstatt zu versuchen, sich zum Kern der Dinge vorzudringen, zu verstehen, wie sie zusammenhängen, verfällt man in Vorurteile und Irrtümer ... Traurig.

Lady Ash schrieb:
IVF und ICSI sind legal zugelassene Behandlungsmethoden
Legal zugelassen ja, aber dennoch nicht unbedenklich, weder zivil - noch verfassungsrechtlich.

Lady Ash schrieb:
Die anderen Embryonen (falls es denn noch mehr gibt, und auch das ist nicht so häufig) können mittels Kyro Technologie für den „nächsten“ Versuch erhalten werden. Es ist mir klar, dass du argumentierst, ein einziges weggeworfenes Leben ist zuviel ...
Hm ... ja, aber auch die für den Transfer bestimmten, dann aber als überzählig angesehenen und somit für einen möglichen späteren Transfer in einem weiteren Versuch eingefrorenen Embryonen (Kyrotechnologie) haben eine Überlebenschance nur, wenn sie implantiert werden können. Da aber die Bereitschaft der Frau hierzu nicht vorausgesetzt oder gar erzwungen werden kann, ist das Dilemma des Umgangs mit menschlichem Leben unauflöslich, wenn es nicht gelingt, die Erzeugung überzähliger Embryonen überhaupt zu vermeiden.

Lady Ash schrieb:
Auch ich achte das Leben als heilig und empfinde die Idee mit der Spätbeseelung, was ich davon weiß, als eine clevere Ausrede. Leben ist Leben, da gebe ich Athanasius recht.

Auch ich achte das Leben als heilig und vor allem als hochrangiges Rechtsgut, in das nur aufgrund eines Gesetztes eingegriffen werden kann. Ganz klar ist, dass das Lebensrecht eines geborenen Menschen niemals gegen die Forschungsfreiheit etc. aufgewogen werden darf. Auch darf es nicht geopfert werden, um das Leben eines anderen Menschen oder sogar mehrer Menschen zu retten. Insofern besteht Einigkeit, lebende Menschen nicht für medizinische oder andere Zwecke (eine grauenvolle Vorstellung) zu opfern, weder für das konkrete Wohl anderer Personen noch für die abstrakte Aussicht auf gewaltige medizinische Erfolge etc. Bekanntlich herrscht aber überhaupt keine Einigkeit in der Frage des "vorgeburtlichen" Lebens ... und das ist ein Dilemma, das, wie oben bereits angemerkt, ethisch unauflösbar ist.
--
Die These der Spätbeseelung und späten Menschenwerdung ist zwar im 18. - 19. Jahrhundert in der katholischen Theologie vereinzelt (jansenistische Lehren) vertreten worden. Die offizielle römisch - katholische Kirche hat sich jedoch klar positioniert und verwarf die Thesen des Jansenismus als Irrlehre.
Im europäischen und deutschen Protestantismus ist hingegen ein Pluralismus unterschiedlicher Einschätzungen anzutreffen - so befürwortet z.B. der Schweizerische evangelische Kirchenbund (sowie Vertreter der deutschen akademischen evangelischen Ethik) die Forschung an Embryonen.

Lady Ash schrieb:
Die Einwände gegen die PID kann ich vor dieser Gesetzeslage allerdings nicht mehr nachvollziehen.
Hierzu habe ich mich bereits ausführlich geäußert, s. u.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

DianaS schrieb:
Dem schließe ich mich an. Anstatt zu versuchen, sich zum Kern der Dinge vorzudringen, zu verstehen, wie sie zusammenhängen, verfällt man in Vorurteile und Irrtümer ... Traurig.

Stark, wieder eine arrogante und anmaßende Behauptung von Dir. Da könnte man durchaus Überheblichkeit drin lesen. So trittst Du hier im Forum vielen gegenüber, die deine Meinung (egal in welcher Sache) nicht teilen! Und in einem anderen Fred hast Du über deinen Vater als Pharmaunternehmer gleich komplett die ganze Branche verteidigt. Zum Glück urteilst Du nicht pauschal!

Bitte wiederlege mir meine Irrtümer! Bitte lasse uns an deiner Weisheit teilhaben. Wie steht der Papst zu Herrn Williamson? Wie steht er zum Kindesmißbrauch? Wie lange hat er da geschwiegen und erst als alles bekannt war, sich zu einer Entschuldigung durchgerungen? Was hat er zum Thema Kondom gesagt? Hat er sie jetzt komplett freigegeben? Nein, nur in Ausnahmen. Wie stand die Kirche zum Putsch z.B. in Chile. Ich weiß nicht, wo ich da positive Dinge sehen soll. Und warum hat jetzt Amerika und Afrika das Christentum als Religion? Sicher nicht freiwillig. Nur weil die anmaßenden Europäer meinten, "Toll jetzt glauben alle mal an unseren Gott, wenn nicht: Folter und Kopf ab".

Du als große Juristin bist also zum Kern der Dinge vorgestossen und verstehst die Komplexität Kirche in ihrer Gänze. Schön, dann lasse uns doch an deinen Gedankengängen teilhaben. Weil du ein Buch gelesen hast, was vom Papst sicher auch autorisiert wurde, weißt Du nun, dass er ein ganz toller Typ. Und ich reflektiere nicht genug und bin pauschal! Na ja, ich weiß nicht. Woher weißt Du, dass ich mich nicht auch intensiv mit der Kirche auseinandersetze? Ich habe Herr Dawkins gelesen, ich habe mich über die Vatikanbank informiert etc. Ich habe sogar im Geschichtsunterricht aufgepasst. Ich denke, dass ich auch meine Meinung gebildet habe und nicht leichtfertig äußere.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Obwohl ich eurem Diskussionsniveau schlecht nachkommen kann - ist ja ein regelrechtes Intellektuellen-Battle 😉 - und die Sache(n) hier nur überflogen und mich stichpunktartig in ihnen vertieft habe, verspüre ich die spontane Lust darauf, meinen Standpunkt zur PID zu vertreten.

Ich habe das Gefühl, dass die PID (u.a. / hauptsächlich) einer Leistungsgesellschaft dient. Höher, schneller, weiter!
Wie viele Frauen haben Angst, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen? Gesundheit ist eine Grundvorraussetzung für ein möglichst einfaches Leben in unserer Gesellschaft und in der Regel ist es so, dass es dem gesunden Mensch am besten geht; in welcher Hinsicht auch immer.
Nun, es ist nicht einfach, wenn man ein schwerbehindertes Kind bekommt, welches am gesellschaftlichen Leben kaum bis überhaupt nicht teilhaben kann und auch keine Chance dafür bekommt. Eines der härteren Fälle und Beispiele.
Ich finde es einfach schade, dass Menschen mit Behinderung hier und heute eher als Steine im Weg gesehen werden und eben durch die PID schon frühzeitig "ausgesondert" werden können... widerlich.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Brosze schrieb:
Ich habe das Gefühl, dass die PID (u.a. / hauptsächlich) einer Leistungsgesellschaft dient. Höher, schneller, weiter!

Dafür könnte sie missbraucht werden, ja. Das ist eines der wesentlichen Probleme bei der PID, besonders vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte. Die Technologie der PID in den Händen nationalsozialistischer Ärzte - ein Alptraum.
Andererseits ist es nicht wahrscheinlich, dass diese Methode jemals angewendet würde, um nur noch genormte Hochleistungskinder zu produzieren. Ich denke, wir sehen sie eher im Kampf gegen schwerste genetische Leiden.
Ganz konkret fällt mir hierzu der Fall des englischen Jungen ein, der ja durch alle Medien gegangen ist, und mit dem Knochenmark seines durch PID für geeignet befundenen Bruders gerettet wurde. Nein, ich weiß nicht, wieviele Embryonen dabei als ungeeignet verworfen wurden, und das ist ein großes Problem für mich. Aber wenn es nur diesen einen Embryo (es waren aber mindestens zwei, denn die Mutter wurde mit Zwillingen schwanger, von denen einer in utero verstarb)gegeben hätte, wäre diese Story doch eine Erfolgsgeschichte und Rechtfertigung für die PID. Zumindest sehe ich das so.

Brosze schrieb:
Wie viele Frauen haben Angst, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen?
Nun gibt es so viele verschiedene "Behinderungen" ... die meisten genetischen Defekte sind nicht gravierend und können oft gut kompensiert werden. Es würde mir zum Beispiel nie in den Sinn kommen eine Trisomie 21 (Down Syndrom) mittels PID auszuschließen.
Aber ich habe allergrößten Respekt vor Fragen, die im Zusammenhang mit schwersten, degenerativen Gendefekten stehen, bei denen die Diagnose dann lapidar heißt "nicht mit dem Leben kompatibel". Bis die werdenden Mütter diese zerstörende Nachricht erhalten, sind sie meistens schon weit im zweiten Drittel der Schwangerhaft, also in einer Zeit, wo "normale" Frühgeborene bereits intensivmedizinisch betreut würden und immer öfter unbeschadet überleben können. Doch die anderen, die kranken, Babies würden in diesem Entwicklungsstadium getötet, die Schwangere muss dann ihr totes Baby gebären. Oder es wird nicht getötet und stirbt dann manchmal qualvoll am Leben.
Ich glaube nicht, dass ich als Mutter soetwas überleben wollen würde.

Ich bleibe dabei, dass ich für solche, und wohl nur für solche, Fälle die PID befürworte.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Lady Ash schrieb:
Nun gibt es so viele verschiedene "Behinderungen" ... die meisten genetischen Defekte sind nicht gravierend und können oft gut kompensiert werden. Es würde mir zum Beispiel nie in den Sinn kommen eine Trisomie 21 (Down Syndrom) mittels PID auszuschließen.

Da geht es mir genau so, nur gibt es Menschen, die selbst solche Behinderungen "fürchten" oder als "kontraproduktiv" ansehen. Na klar: Es gibt solche und solche Ansichten... aber für mich bleibt es unakzeptabel. Ich wiederhole mich, glaube ich *g*

Lady Ash schrieb:
Aber ich habe allergrößten Respekt vor Fragen, die im Zusammenhang mit schwersten, degenerativen Gendefekten stehen, bei denen die Diagnose dann lapidar heißt "nicht mit dem Leben kompatibel".
(...)
Ich bleibe dabei, dass ich für solche, und wohl nur für solche, Fälle die PID befürworte.

Auch dort deckt sich meine Meinung dazu mit deiner.
Nur sind wie gesagt stets Ängste bezüglich Missbrauch vorhanden oder eben Zweifel an der Umsetzung dieser Methode.

Ich weiß, dass es kein wirkliches Argument ist und recht banal klingt, aber in meinem Hinterkopf geistert der Gedanke: Der Mensch hat Jahrtausende ohne diese Selektion oder pränatale Untersuchung (über-)leben können und wir werden immer mehr, immer mehr und wollen immer höher und weiter.
Aber mir ist schon klar, dass man das so nicht mit dem heutige Wissensstand usw. gleichsetzen kann...
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Hallo Blackrose,
es lag nicht in meiner Absicht unnötige "Härte" in diese Diskussion zu bringen und es stimmt mich ein wenig traurig, dass Du mich als arrogant und überheblich empfindest - Arroganz ist für mich eine Mischung aus überzogenem Selbstbewusstsein und Oberflächlichkeit (eine gefährliche Kombination). Wirklich schade. 🙁
--
Inquisition, ungerechte Prozesse, Folter etc. gehören zu den Schattenseiten der römisch - katholischen Kirchengeschichte. Sie sind ein abschreckendes Beispiel dafür, wofür der Mensch unter bestimmten zeitlichen, sozialen und politischen Bedingungen fähig ist. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, dass das deutsche Volk, das nach den schrecklichen Ereignissen des zweiten Weltkrieges die "Würde des Menschen" wiederentdeckte und für "unantastbar" erklärt hat, gegenüber solchen Erscheinungen wie der Fall Williamson etc. besonders empfindlich ist (wobei ich auch hier anmerken möchte, dass der Papst es gut gemeint hatte mit der Rehabilitierung der Piusbrüder, Williamsons inakzeptableÄußerungen zum Holocaust waren dem Papst zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt). Und natürlich löste die "Rehabilitierung" von Williamson und seinen Piusbrüdern auch bei mir viele Fragen aus: Wenn Williamson nach so einem schweren Vergehen wieder aufgenommen werden konnte, wieso hat dann Hans Küng immer noch nicht seine Lehrerlaubnis missio canonica zurück? oder warum werden die reformatorischen Kirchen von Vatikan offiziell immer noch nicht als gleichwertige Kirchen akzeptiert, auch wenn sie Kirchen anderer Tradition sind? und was ist mit der Anerkennung der lateinamerikanischen Befreiungstheologie? Und und und ... aber trotz alledem sehe ich persönlich die katholische Kirche, in erster Linie, als eine wohltätige und menschenfreundliche Religionsgemeinschaft, die mir in schwierigen Momenten Halt gibt und Trost spendet ... weißt Du, wir Menschen brauchen Ideale und Werte, um uns orientieren zu können, und die Religion gibt uns ethische Weisungen, die wir befolgen oder auch nicht ... hmm ... sogar der Staat scheut sich nicht in der Präambel des Grundgesetzes "Gott" zu erwähnen, dort heißt es: "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ... hat sich das Deutsche Volk ..." und die Ethiklehren Platons, Aristoteles und Kants? Werden sie nicht aus dem Religiösen hergeleitet?? Aber wie dem auch sei, ich denke ... unter Berücksichtigung der letzten Ereignisse (Kindesmissbrauch, Holocaustleugnung durch Williamson etc.) kann ich Dein Misstrauen sowie die allgemeine negative Haltung der katholischen Kirche gegenüber durchaus nachvollziehen. Dennoch bin ich der Ansicht, man sollte niemals pauschal urteilen. Insofern empfand ich Deine Aussage, verzeihe mir, als unreflektiert, respektlos und diffamierend. "Verbrecherische Organisation." In der Historie der katholischen Kirche gab es Päpste, die sehr viel Gutes vollbrachten, Blackrose z. B. Johannes XXIII. Der Papst Johannes war ein Oberhaupt von scharfem Verstand und edler Gesinnung, mit seinen u. a. politischen Ideen war er allen anderen voraus und verfolgte sie unbeirrt und beharrlich. Und Johannes Paul II?! Aber gut ...
--
(Hm ... und ja, Blackrose, ob Du es glaubst oder nicht, aber es gibt noch Pharmaunternehmen, für die Ethik kein schmückendes Beiwerk ist, sondern wesentlicher Bestandteil der Unternehmensphilosophie).
--
An dieser Stelle verabschiede ich mich urlaubsbedingt aus dem Thread/Forum und wünsche Dir/Euch bereits jetzt ein wundervolles Weihnachtsfest sowie ein gesundes, glückliches und erfolgreiches Neues Jahr 2011! 🙂
LG aus Berlin
Diana
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Liebe Diana S. ich wünsche auch Dir eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Rutsch. Leider bin ich in meine Ausführungen meiner eigenen Einstellung untreu geworden. Ich möchte eigentlich niemanden in seinen religiösen Gefühlen verletzen. Hätte ich gewußt, wie sehr Du der katholische Kirche verbunden bist, wäre zumindest die Schärfe in meinen Aussagen "verschwunden". Ich fand nur (@Lady Ash hier ist wieder der Satz, der dir in unseren PN gut gefiel 😀 ) das Lakaienforum ist der falsche Ort, um den Papst als Lichtgestalt darzustellen.

Und nun will ich auch gar nicht die weitere Diskussion hier stören!
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Da ich vor Kurzem die 1987 CD geschenkt bekommen habe, wollte ich daran erinnern, dass sich auf dieser CD ein Song „The Pope“ befindet. Es tut mir inzwischen zwar ein bisschen leid, dass ich in zwei anderen Beiträgen längst vergangene Äußerungen des Herrn Veljanov aufgewärmt habe … und möchte deshalb ausdrücklich darauf verweisen, dass der Song über 20 Jahre alt ist. Er beschreibt eine recht willkürliche Herrschergestalt, die irdische Ungerechtigkeit und Grausamkeiten zynisch mit dem Verweis auf die ausgleichende Ewigkeit rechtfertigt. Als der Papst in einem ungeschickten Unfall stirbt (als er die Scheiterhaufen brennen sehen will) muss er erkennen, dass seine Rechtfertigung eine Lüge war: Keine selige Ewigkeit für ihn (oder seine Opfer)…
Der Song ist alt, aber tatsächlich eine Anklage im Sinne von Blackrose; vor diesen Hintergrund hätte ich die Bemerkung über die päpstliche „Lichtgestalt“ gestellt - denn ich halte die Lakaien heute eher für Agnostiker, deren früher Zorn, wie Herr Veljanov selber oft sagt, mit einer gewissen Distanz abgeschwächt wurde.

Ansonsten möchte ich Diana zustimmen, dass es sehr wichtig ist, eine Religion zu haben, mit deren ethischen Grundsätzen man sich identifizieren, oder zumindest auseinandersetzen setzen kann. In unserer heutigen Zeit empfinde ich Glauben als etwas sehr Tröstliches (wenn man ihn denn hat) und die Auseinandersetzung mit den elementaren Eckpunkten unserer Existenz, nach Geburt, Schicksal und Tod ist meines Erachtens nach für jeden Menschen unabdingbar. Wobei man selbstverständlich zu verschiedenen Ergebnissen kommen kann.
Ich persönlich empfinde die katholische Kirche als auf der einen Seite faszinierend, wie alles mit dieser Mischung aus Alter, Macht und Intellekt immer auf mich wirken wird - aber auf der anderen Seite als abstoßend, weil mich diese modernen Skandale eher anwidern als moralisch empören.
Für mich ist diese Diskussion ein Anreiz, wieder einmal meine Position zur Kirche und zur (christlichen ) Religion zu überdenken - und ich habe gestern damit begonnen, entsprechendes Material zu lesen.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Ich sehe es nicht so, dass es wichtig ist eine Religion zu haben, egal welche. Natürlich finden viele Menschen etwas tröstliches in ihrer Religion und in ihrem Glauben. Dennoch glaube ich nicht, dass dies für jedermann gilt. Ich selbst schließe mich da aus.
Ich bin zwar getauft (evangelisch) und konfirmiert, wurde ansonsten aber weder religiös erzogen noch irgendwie anders mit Religion in Verbindung gebracht (abgesehen vom Unterricht in der Schule, den ich dahingehend interessant fand, mal etwas über andere Religionen zu lernen).
Ich glaube nicht an die Bibel, den Papst oder an Gott. Ich bin der Meinung, dass dies jeder für sich entscheiden soll und seinen Glauben nicht anderen aufzwingen soll. Es hat mich sehr gestört, wenn eine Mitschülerin durch die Gegend lief und jeden mit irgendwelchen Bibelfersen vollquatschte und meinte, wer nicht glaubt sei verloren.

Im Politikunterricht in der Berufschule kamen wir irgendwie auf die Bibel und ein Mitazubi ließ einfach trocken den Kommentar fallen, die Bibel sei doch nichts anderes als ein Märchenbuch. Dafür durfte er sich nach der Stunde eine Standpauke von der Lehrerin anhören. So viel zur Anerkennung der Meinungsfreiheit in Bezug auf Religion bei einigen Menschen.

Das sollten jetzt meine zwei Cent zu dem Thema sein.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Lady Ash schrieb:
(...) die Auseinandersetzung mit den elementaren Eckpunkten unserer Existenz, nach Geburt, Schicksal und Tod ist meines Erachtens nach für jeden Menschen unabdingbar.

Da kommt wirklich niemand drum herum und ich denke, dass die Religion nur ein Medium für besagte Dinge darstellt.
Andere beschäftigen sich mit diesen Themen ausschließlich durch die Wissenschaft. Wiederum andere Menschen mischen die Erkenntnisse und Anstöße von Religion und Wissenschaft.

pandora84 schrieb:
Ich sehe es nicht so, dass es wichtig ist eine Religion zu haben, egal welche. Natürlich finden viele Menschen etwas tröstliches in ihrer Religion und in ihrem Glauben. Dennoch glaube ich nicht, dass dies für jedermann gilt. Ich selbst schließe mich da aus.

In dieser Aussage finde ich persönlich mich im Großen und Ganzen wieder.
Ansonsten bin ich sehr offen für religiöse bzw. philosophische Aussagen, Statements und Co. Trotzdem berufe ich mich ansonsten auf wissenschaftliche Argumente.

Auch meine zwei Cent hierfür... bald ist der Thread eine volle Geldbörse 😀
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

pandora84 schrieb:
[...] die Bibel sei doch nichts anderes als ein Märchenbuch. Dafür durfte er sich nach der Stunde eine Standpauke von der Lehrerin anhören.

Dumme Lehrer gibt es überall.
In der Bibel steht nirgends, dass sie irgendetwas anderes ist, als ein Buch. Es ist wirklich nur Literatur, es sind Geschichten über Gott, aber von Menschen für Menschen geschrieben. Es ist sehr alte Literatur, und als solche einer gewissen Achtung würdig, wie ich finde, es sind Geschichten, die vielleicht zum Nachdenken anregen können, wenn man so gestrickt ist und über Gerechtigkeit, Willkür und göttliche Intervention nachdenken mag ... aber es sind nur Geschichten. Ich hoffe, ich habe nie einen anderen Eindruck erweckt.

pandora84 schrieb:
Ich bin zwar getauft (evangelisch) und konfirmiert, wurde ansonsten aber weder religiös erzogen noch irgendwie anders mit Religion in Verbindung gebracht
Meine Tochter hat sich von der Konfirmation abgemeldet, weil sie nicht daran glaubt und ich es nicht ertragen hätte, dass sie vor einem Altar steht und "ja" lügt. Lippenbekenntnisse haben eben nichts mit Religion zu tun.

Brosze schrieb:
pandora84 wrote:
Ich sehe es nicht so, dass es wichtig ist eine Religion zu haben, egal welche. Natürlich finden viele Menschen etwas tröstliches in ihrer Religion und in ihrem Glauben. Dennoch glaube ich nicht, dass dies für jedermann gilt. Ich selbst schließe mich da aus.

In dieser Aussage finde ich persönlich mich im Großen und Ganzen wieder.
Ansonsten bin ich sehr offen für religiöse bzw. philosophische Aussagen, Statements und Co. Trotzdem berufe ich mich ansonsten auf wissenschaftliche Argumente.

Ich bin der Meinung, dass es mehr gibt im Leben und im Tod als mit der Wissenschaft zu erklären wäre. Und es gibt Situationen, die völlig unerträglich sind aber man kann nicht davor weglaufen, Schmerz, Todesangst, Tod, Verlust, was weiß ich. In solchen Grenzsituationen ist ein gläubiger Mensch viel stärker und belastbarer als einer, der nur seine eigene Resourcen hat. In meiner bisherigen Erfahrung zumindest, und ich selber gehöre nicht einmal dazu.
In unserer Welt sind wir z.B. nicht sehr gut darauf vorbereitet, mit dem Tod umzugehen, und es gibt einfach einen Punkt, über den man mit seiner westlichen Schnodderigkeit nicht hinauskommt. Ein guter Bekannter von mir, ein Professor der Informatik, liegt zur Zeit im Krankenhaus und unterzieht sich einer hoch aggressiven,vorbereitenden Chemotherapie um eine Knochenmarkstransplantation zu erhalten. Er hat es wissenschaftlich schwer auf dem Kasten und ist dennoch bis heute (gestern) noch nicht in der Lage, sich einzugestehen, lebensbedrohlich erkrankt zu sein. Mir scheint eine Verweigerung der Religion oftmals eine weiterführende Verweigerung zu sein, nämlich, sich überhaupt auf transzendente Themen einzulassen, bzw. eine Unfähigkeit damit umzugehen.

Darum denke ich, dass in einem gewissen Rahmen die Auseinandersetzung mit Religion auch eine Sache von Lebenserfahrung ist. In unserer satuierten Gesellschaft gibt es kaum eine Notwendigkeit (oder gar Möglichkeit), die "warums" des Lebens und Sterbens wirklich begreifen und nicht nur intellektuell nachvollziehen zu müssen.

Ich finde eure Einstellung völlig akzeptabel und nachvollziehbar, aber ich sehe sie mehr als einen Schritt auf einem längeren Weg.
 
Hallo Leute,
nur kurz zur Erklärung 🙂
Hier noch mal zu splitten macht irgendwie nicht viel Sinn - die Themen fließen zu sehr ineinander...
Deahalb haben wir uns entschlossen, nur das Topic zu ändern, damit es etwas klarer wird, worum es im Großen und Ganzen geht.
 
Alles klar 🙂 Weiter geht's.

@ Lady Ash: Da hast du schon recht, dass allein die "westliche Schnodderigkeit" (schön gesagt!) nicht das Gelbe vom Ei ist, sozusagen.
Vielleicht habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt. Denn ich beschäftige mich schwerpunktmäßig mit östlichen Philosophien und Religionen (wenn man sie dann so nennen kann), anstatt mit westlich geprägten Religionen bzw. (Ur-)Kulturen.
Die östlichen Ansichten geben mir weitaus mehr, als alles übrige und ich habe das Gefühl, dass z.B. der Buddhismus einen wärmeren, humaneren Touch hat als die christliche Kirche (so meine Ansicht). Mit monotheistischen Religionen tue ich mich recht schwer, obwohl auch diese einen gewissen Kern in sich tragen -
um auf die Bibelthematik noch einmal zu sprechen zu kommen: Ich habe sie zwar noch nie gelesen, aber man bekommt hier doch recht viel mit; klar, wenn man in einem christlich geprägten Umfeld aufwächst. "Märchenbuch" wäre auch in meinen Augen eine eher falsche Bezeichnung, da eben Werte und Normen, auf die sich ein Großteil der westlichen Kultur bezieht, in Geschichten verpackt vermittelt werden. Obwohl... gerade das machen Märchen auch. Von daher auch nicht so abwegig. Aber nun ja 🙂
 
Hier die Sicht einer Betroffenen zur PDI: Zellhaufen mit Potential. Ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik ist nicht christlich, sondern falsch. Nur damit das betroffene Individuum auch mal zu Wort kommt und die Frau nicht als Gebärmachine dasteht, die ihren Beitrag zur Erhaltung der Art zu leisten hat, sondern als Individuum respektiert wird, das über sein Leben selbst entscheiden kann.

Zum Thema Kondom kann ich den Film "Der Sinn des Lebens" von Monty Python empfehlen. Ich spiele auf die Sequenz an, in der ein streng gläubiger Katholik, der natürlich keine Kondome verwendet, weil das Gott sehr wütend machen würde, seine ca. 70-90 Kinder für medizinische Experimente verkauft, weil er sie nicht mehr ernähren kann. (Jaja, ich weiß, dieser Einwurf ist schrecklich unqualifiziert und absolut niveaulos. Ich bitte um eine biblische Steinigung.)

Um sich Gedanken über das Leben und seinen Sinn zu machen, braucht man meiner Meinung nach nicht zwingend eine Religion. Ich kann auch mein eigenes Gehirn anstrengen und nicht nur die durch die Religion vorgegebenen Theorien reproduzieren. Oder ich ziehe die Theorien von Philosophen zu Rate. Wieso muss es denn unbedingt die Religion sein? Ich denke es liegt daran, weil die (v.a. christliche) Religion in unserer Gesellschaft mehr akzeptiert ist und ihr ein größerer Respekt entgegengebracht wird, als beispielsweise Theorien über die Energie von Steinen oder was. Das bedeutet aber nicht, dass ich den Sinn in oder mit der Religoion suchen muss.
Lady Ash schrieb:
Mir scheint eine Verweigerung der Religion oftmals eine weiterführende Verweigerung zu sein, nämlich, sich überhaupt auf transzendente Themen einzulassen, bzw. eine Unfähigkeit damit umzugehen. [...] In unserer satuierten Gesellschaft gibt es kaum eine Notwendigkeit (oder gar Möglichkeit), die "warums" des Lebens und Sterbens wirklich begreifen und nicht nur intellektuell nachvollziehen zu müssen.
Ja, KANN man das "Warum" überhaupt begreifen? Selbst wenn man eine Religion hat, die besagt, dass ein Gott für alles verantwortlich sei, weiß doch immer noch keiner WARUM er sich das Leben ausgedacht hat oder warum er es so gestaltet hat, wie es ist etc. Mir persönlich ist das zu eindimensional. Habe ich eine Religion, lautet die Antwort immer: Gott. Habe ich keine Religion, kann ich mir selbst Gedanken machen. Ich habe den ganzen religiösen Zirkus (evangelisch) von der Taufe über Religionsunterricht und Konfirmation durchlaufen und kann am Ende nur sagen: Damit kann ich nichts anfangen. Trotzdem mache ich mir Gedanken über Leben, Tod und die Welt. Ich weiß nicht, ob es einen Gott gibt. Aber ich finde es nicht verwerflich, wenn man sich die Welt rational und ohne eine Religion zu erklären versucht. Ich finde es auch nicht verwerflich, wenn man zu dem Schluss kommt: Es gibt keinen Sinn. Wenn Du sagst, jeder Nichtgläubige sei unfähig mit transzendenten Themen umzugehen, dann drehen wir uns schnell im Kreis, weil für den Nichtgläubigen keine transzendenten Fragen existieren. Außerdem stellt Du Dich damit über alle Nichtgläubigen und behauptest, Du wärest im Besitz der Wahrheit, doch auch Du hast keine Beweise für Gott oder irgendwas anderes Transzendentes.
 
Vielen Dank für deinen Beitrag und den Link, Tapir! Du sprichst mir wirklich aus der Seele, vor allem was deine Ausführungen zum Thema Religion angeht. :-!

Leider habe ich momentan nicht die Zeit um mich ausführlich an eurer Diskussion zu beteiligen, und ich muss auch ehrlich zugeben dass mir zum Thema PID ein wenig das nötige Hintergrundwissen fehlt. Allerdings stört mich genauso, dass das Leiden der betroffenen Mütter/Eltern in der bisherigen öffentlichen Debatte anscheinend kaum eine Rolle zu spielen scheint! Es wird nur vom Schutz des ungeborenen Lebens gesprochen - durch welche Hölle eine Mutter geht die genau weiß dass das Kind das sie in ihrem Leib trägt niemals alleine lebensfähig sein wird interessiert kaum jemanden. Ist das Leben der Mutter denn nicht genauso schützenswert und hat die Politik das Recht, der Mutter zu verbieten über ihr Leben selbst zu bestimmen? PID nur dann zuzulassen wenn das Kind nach der Geburt eine Lebenserwartung von unter einem Jahr hat (wie es einer der Gesetzesentwürfe vorsieht) halte ich deshalb auch für absolut zynisch und menschenverachtend! Einen Zellhaufen in den ersten Tagen nach der Befruchtung abzutöten soll ethisch nicht vertretbar sein, aber eine Mutter dazu zu zwingen ein Kind in die Welt zu setzen, das nach wenigen Jahren qualvoll sterben wird bzw. ein Leben lang an Maschinen hängt ist akzeptabel? Ich stelle mir dieselbe entsetzte Frage wie die Autorin des Spiegel-Artikels: Was bitte soll daran christlich sein? :|

Lady Ash schrieb:
Mir scheint eine Verweigerung der Religion oftmals eine weiterführende Verweigerung zu sein, nämlich, sich überhaupt auf transzendente Themen einzulassen, bzw. eine Unfähigkeit damit umzugehen. [...] In unserer satuierten Gesellschaft gibt es kaum eine Notwendigkeit (oder gar Möglichkeit), die "warums" des Lebens und Sterbens wirklich begreifen und nicht nur intellektuell nachvollziehen zu müssen.

@Lady Ash: Soll nun kein persönlicher Angriff sein, aber ich kann deine Argumentation überhaupt nicht nachvollziehen! Ich halte es für ziemlich arrogant, einem nicht gläubigen/religiösen Menschen zu unterstellen er sei nicht oder nur schwer in der Lage, seinem Leben einen Sinn zu verleihen bzw. sich mit transzendentalen Fragen zu beschäftigen! Bzw. ein zunehmendes Maß an Religiosität auch noch als Entwicklungsprozess im Leben eines Menschen darzustellen.
Ich persönlich bin auch eine der Ungläubigen bzw. Abtrünnigen, die für sich entschieden haben dass sie keine Religion in ihrem Leben brauchen, die ihnen den Sinn des Lebens nahebringt. Nein, ich gehe lieber selbst auf die Suche, denn das finde ich um einiges herausfordernder und spannender! Es mag für viele Menschen vielleicht tröstlich sein, von "ihrer" Religion Antworten auf die elementaren Fragen des Lebens zu erhalten, und das finde ich auch vollkommen ok. Nur ist das nicht mein Weg, und dafür muss ich mich auch bestimmt nicht vor anderen rechtfertigen! Defizitär ist mein "gottloses" Leben deshalb bestimmt nicht, und welche Fragen über den Sinn des Lebens ich mir in 10, 20 Jahren stelle, welche Antworten ich finde - wer weiß das schon? Ich finde nichts Schlechtes daran, ein Leben lang auf der Suche zu sein. Gewissheit werden wir sowieso nie haben. Wir alle nicht, Gläubige wie Ungläubige!
 
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