Wo sind die Lakaien?

Er gibt doch manchmal Autogrammstunden (obwohl er sagte, er mag das nicht) und ich habe auch schon gesehen das er Fotos mit ganz begeisterten Fans macht und da sehr lieb war. Also ich denke mal sein kleines Trauma wegen der Vorgartendame hat jetzt nicht dazu geführt, dass er gar keine Fans mehr näher an sich ranlässt - zumindest während Autogrammstunden.

Das, was ihm da passiert ist, passiert wohl den meisten bekannteren Leuten irgendwann mal. Aber das macht es natürlich wirklich nicht besser. Die Grenze zwischen Stalking und Fanship ist meiner Meinung nach ziemlich deutlich, nicht fließend oder so. Es ist ok, wenn man im Rahmen von Konzerten oder Autogrammstunden an seine Lieblingskünstler herantritt (manchmal hat man plötzlich aus irgendwelchen Gründen den Wunsch, auch wenn es einen selbst überrascht wenn man sonst nicht der Typ dafür ist und deswegen glaube ich das der Großteil der Fans, die gerne mal ein Foto oder Autogramm haben möchten, ganz vernünftige Leute sind) und je nachdem welche Mentalität diese haben, kann man z.T. ziemlich nah rantreten bzw. ist es mir auch schon passiert, dass sie von alleine sehr nah an mich rangetreten sind - das sind dann die weniger scheuen Exemplare, die eben wirklich gemacht sind für sowas. Bei anderen, wozu offensichtlich Veljanov gehört, muss man vielleicht ein bisschen vorsichtig sein. Ich jedenfalls würde da von mir aus distanziert bleiben, so wie ich ihn einschätze. Aber jedem erwachsenen Menschen traue ich zu, sowas mit ein bisschen Menschenkenntnis zu beurteilen und auch die jeweilige Situation abzuwägen - auch wenn die Begeisterung noch so groß ist.

Was jedenfalls nicht ok ist, ist in das Privatleben des Künstlers zu treten und ihn zu belauern wenn er z.B. seine Kinder zur Schule bringt oder sowas. Unfassbar. Ich denke da muss im Kopf dann aber auch was schieflaufen. Denn wer macht sowas, wenn er bei normalem Verstand ist? Ich kann mich schon sehr für gewisse Künstler begeistern manchmal, aber sowas würd ich niemals tun - ich würde das selbst ja auch nicht wollen und zu engen Kontakt mit einem Lieblingskünstler stelle ich mir auch irgendwie ziemlich desillusionierend vor. Ist doch abgesehen von der Tatsache, dass es wirklich total daneben ist auch noch saupeinlich. Und der Kult um ihn damals...naja nun...es heisst ja nicht umsonst Kult. Es ist nicht der Privatmensch. Ich finde sowas wie ein gewisses Bild, eine Projektion die ein Mensch mit seiner Kunst oder seinem Erscheinungsbild provoziert nicht immer generell negativ, deswegen ist es schade, dass es so einen bitteren Beigeschmack bekommt, weil es gewisse Fans dazu verführt dem Irrsinn zu verfallen.

Warum die Lakaien nicht im Forum sind ist natürlich eine andere Frage. Mir ist das eigentlich egal, ich finde die Einschätzungen von anderen Fans oft so spannend, dass ich manchmal gar nicht wissen will, was der Künstler nun dazu meint ;) Und wie hier schon gesagt wurde, bekommt man dann vielleicht Dinge mit, die man gar nicht wissen wollte. Find ich manchmal in Interviews schon schwierig. Jeder macht ja so seine eigene Interpretation und wie Blixa Bargeld schon oft sagte, kann es z.B. einen Song total zerstören wenn der Künstler ihn erklärt.
 
A.M. meinte:
(...) und je nachdem welche Mentalität diese haben, kann man z.T. ziemlich nah rantreten bzw. ist es mir auch schon passiert, dass sie von alleine sehr nah an mich rangetreten sind - (...)

Hallo A.M., es klingt ganz danach, als wenn du ebenfalls (also wie die Herren Lakaien) Bühnen- und Fanerfahrung hast. Das bereichert den Thread natürlich, denn soweit ich weiß, haben bisher ausschließlich Vor-der-Bühne-Steher hier kommentiert und diskutiert :)

Das mit der eventuellen Desillusion hast du übrigens auch schön auf den Punkt gebracht *g*
 
Oh ne, das kam jetzt falsch an ;) Ich hab jetzt keine Erfahrung als Künstler, hehe. Schön wärs, aber damit kann ich nicht wirklich dienen ;;) Mit dem Satz war gemeint, dass Künstler mir als Fan schon von alleine ziemlich nah gekommen sind und damit wollte ich den Unterschied zwischen eben solchen Künstlern, die sehr nahbar sind oder auch gerne auf ihre Fans zugehen und solchen Künstlern, die da vielleicht eher scheu sind beschreiben. Ich finde Alexander braucht aber nicht so scheu sein, habe ja oft von ihm Aussagen in die Richtung gelesen, dass er es nicht mag wenn die Euphorie der Fans ihn so überschwemmt oder wenn viele brennende Augen auf ihm ruhen. Ich finde es irgendwie schade, dass er das nicht genießen kann...aber heeeey...was weiss ich schon ;) Ist nur so eine Vorstellung.

Ich habe lange eben auch gedacht "Oh ne warum ein Autogramm, warum ein Bild? Ist doch albern" Bis ich es dann mal echt unbedingt wollte und auch sehr glücklich darüber war es gemacht zu haben - jetzt nicht bei den Lakaien, aber das tut ja nicht viel zur Sache. Natürlich spielt da eine gewisse Obsessivität bezogen auf das Werk und manchmal dadurch eben indirekt auch auf die Person, deren Werk das ausgelöst hat, eine Rolle und auf manchen Künstler kann das sicher beängsitigend wirken. Ich hatte bisher aber immer das Gefühl, dass obsessive Künstler eben das provozieren und es deshalb dann eigentlich meist unproblematisch ist, weil sie solche Reaktionen gewöhnt sind. Vielleicht ist das bei den Lakaien eben genau nicht so (edit: mein Eindruck von den Fans hier ist jedenfalls so, dass hier die meisten sehr wenig überdreht sind was die Herren angeht) und wenn dann mal eine leicht besessene Gestalt am Horizont auftaucht, ist es umso schockierender. Da habe ich natürlich keinen Einblick. Ich fänds nur schade, wenn jeder sehr begeistere Fan gleich als "potentielle Gefahr" eingestuft werden würde.

Ich finde auch das Desillusion bei dem Thema eine sehr große Rolle spielt, also eben gerade auch bei der Vorstellung Ernst und Alexander schreiben hier munter vor sich hin, auch wenn ich total verstehen kann, dass der Wunsch da ist, dass sie es tun, ich finde den Wunsch sogar äußerst normal irgendwie. Trotzdem muss man sich erstmal fragen: Will man das wirklich? Ich empfinde das immer unterschiedlich. Es gibt Künstler, da leidet meine Illusion/Interpretation des Ganzen nicht darunter, wenn sie aus dem Nähkästchen plaudern, weil sie eben so sind, weil zwischen Bühnenperson und Privatperson kein allzu großer Unterschied herrscht. Aber bei Alexander - hm - irgendwie glaube ich, er hat schon seine Gründe warum er nicht viel erzählt. Ist eben seine Art. Ernst finde ich eigentlich ziemlich locker, aber der findet es wohl zu "tummelig" hier ;)
 
Hallo A.M.!

Zu deinen Aussagen kann ich jetzt eigentlich nur noch eines sagen: Amen! :D

Ich finde, du hast das alles sehr schön auf den Punkt gebracht und besonders was den Punkt der Desillusionierung angeht kann ich dir nur vollkommen zustimmen - ich war bis vor wenigen Jahren sehr großer Placebo-Fan, dann habe ich mal am Rande mitbekommen, wie "nett" Brian Molko sich verhält, wenn ihn Fans um ein gemeinsames Foto bitten...seitdem ist meine Begeisterung für diese Band doch arg zurückgegangen, weil ich Leuten, die sich - wie ich finde - so undankbar verhalten nicht auch noch mein Geld in den Rachen werfen muss. Da ist mir doch tausendmal lieber, wenn ein Herr Veljanov zwar distanziert, aber dennoch respektvoll mit seinen Fans umgeht, egal ob das jetzt an den schlechten Erfahrungen liegt oder eben einfach so seine Art ist.

Solange die beiden weiter so schöne Musik machen bin ich rundum glücklich :x
 
@ A.M.: Dann muss das ein kleines Missverständnis gewesen sein ;)

A.M. meinte:
Vielleicht ist das bei den Lakaien eben genau nicht so (edit: mein Eindruck von den Fans hier ist jedenfalls so, dass hier die meisten sehr wenig überdreht sind was die Herren angeht) und wenn dann mal eine leicht besessene Gestalt am Horizont auftaucht, ist es umso schockierender. Da habe ich natürlich keinen Einblick. Ich fänds nur schade, wenn jeder sehr begeistere Fan gleich als "potentielle Gefahr" eingestuft werden würde.

Ich finde, besonders das hast du schön auf den Punkt gebracht.
Man bewegt sich quasi auf dünnerem Eis, habe ich manchmal das Gefühl. Okay, ich bin kein impulsiv-egozentrischer Fan, aber man kann bereits bei diversen Spekulationen über den jeweiligen Künstler aus dem Rahmen fallen und unangenehm auffallen.
 
@Alaya: Ohje, ja, ich kann mir vorstellen wie irritierend und enttäuschend es ist, sowas dann mitzubekommen, wenn man eine Band sehr verehrt. Daran sieht man ja, wieviel Einfluss gewisse Eigenschaften eines Künstlers eben doch haben können. Das eben gewisse Dinge abseits der reinen Performance und Darbietung doch etwas zählen. Ich denke auch, da ist Veljanov mit seiner Rangehensweise doch besser. Er ist vielleicht etwas distanziert und das kann man schade finden, aber er ist nicht respektlos solange ihm genauso Respekt entgegengebracht wird. Ich finde das auch völlig legitim, auch wenn ich es ebenso sehr mag, wenn ein Künstler offen ist und wenig Berührungsängste hat. Da habe ich aber auch schon Geschichten mitbekommen, wo ein gewisser Herr Nick Cave allen weiblichen Fans während der Autogrammstunde ein Küsschen anbot und daraufhin einmal die Antwort "No, I prefer a handshake" bekam - da sieht man mal, es kann auch andersherum schief gehen ;)

@Brosze Ja, genau, ich glaube auch, dass das Eis teilweise sehr dünn ist. Mir ist auch aufgefallen, dass deutsche Fangemeinden sehr viel kritischer mit sich selbst sind. Ich habe relativ viel Kontakt zu Fans anderer Bands, die aus den USA/England oder anderen Ländern kommen und da geht es doch wesentlich lockerer zu, allerdings nicht ohne Respekt vor dem Künstler und dessen Privatleben, es ist insgesamt ein sehr wohlwollendes Austauschen von kleinen Unsinnigkeiten, ohne eine reißerische Ebene zu erreichen, die ich auf dem Niveau der Zeitung mit den 4 Buchstaben ansiedeln würde. Man schwärmt nur gern oder spekuliert eben heimlich ein bisschen und steht dazu, dass einen manchmal eben doch die Haare brennend interessieren oder Ähnliches ;)

Ich finde das ganz schön, weil es für mich schon ein Teil, wenn auch nicht der wichtigste Teil, des Fanseins ist und ich mich selbst da auch nicht zu ernst nehme. Und ich habe so goldige Geschichten gehört, von gestandenen, heterosexuellen Männern jenseits der 40, die sich ihre Hände nicht waschen wollten, weil ihr Idol ihnen die Hand gehalten hat. Natürlich ist das albern, aber ich finde es ist eine so herzige Art der Würdigung eines Künstlers und dessen Werk. Es bedeutet meistens einfach nur, dass das, was jemand hervorgebracht hat, jemanden tief berührt hat, vielleicht sogar ein bisschen lebensverändernd gewirkt hat. Es zeigt, wieviel Kunst u.U. bewegen kann. Es ist etwas Schönes für mich und nichts, was man unterdrücken muss, damit man nicht "doof" wirkt. Natürlich gibt es Leute, die wirklich durchdrehen, wo das auch nicht mehr schön ist und eher besorgniserregend, aber mein Gesamteindruck ist doch, dass dies die Minderheit ist. Und eine extreme Euphorie für etwas zu spüren, im Publikum, im Austausch mit anderen Fans, kann etwas total Überwältigendes sein.
 
Hallo A.M. (für jemanden, der ein stiller Mitleser sein möchte, entpuppst du dich ja als erfreulich eloquent ;) )!

Ich werde deine Überlegungen zum Fan- und Künstlersein noch weiter wirken lassen, finde deine Betrachtungen aber sehr interessant. Ja, es ist ein dünnes Eis, auf dem man sich bewegt.
Die Musik der Lakaien bedeutet mir z.B. sehr, sehr viel und, ja, ich interessiere mich für die Menschen wie auch für die Künstler (allerdings weniger für ihre Haare oder ihr Intimleben). Ich habe mir schon fast angewöhnt, mich dafür zu entschuldigen ... Denn manchmal kommt es mir hier vor, als wäre mein Interesse der erste Schritt zum Zeltkauf, um dann irgendwann ebenfalls in Herrn Veljanovs Garten campen zu wollen.
Deine Perspektive auf die Dinge eröffnet mir vielleicht den einen oder anderen Zugang zu meiner Psyche und zur Psychologie der Lakaien ... ich muss das alles noch einmal lesen und darüber nachdenken, but I really do appreciate you comments.
 
Ohja, ich wollte echt still bleiben, ich schwörs *lach* Nun werde ich mich aber im Forum für Neuankömmlinge vorstellen, hihi. Das Forum hat mich erwischt *g*

Freue mich sehr darüber, dass meine Kommentare nicht total daneben gegriffen haben :) Ich bin froh, dass es scheinbar nicht total sauer aufstösst, also meine Ansicht dazu. Hatte etwas Sorge, aber irgendwie auch das Bedürfnis meine Sicht der Dinge zu schildern. Einfach weil mir die Musik, die mich beeinflusst unheimlich viel bedeutet und natürlich fangen auch die Künstler an einem, zumindest in ihrer Rolle als Künstler, etwas zu bedeuten. Das ist ein interessanter Selbstgänger. Ich hätte vor 5 Jahren auch noch ganz anders geredet, bevor ich Erfahrungen gemacht habe, die mir gezeigt haben, wie es das Leben bereichern kann, "Fan" zu sein und das ganz ohne Gartencamping oder solche Dinge ;)

WAS einen interessiert, ist denke ich durchaus sehr unterschiedlich. Du sagtest jetzt, Haare oder Intimes wären nicht so dein Fall. Müssen ja auch nicht immer so die Klassiker sein - umso besser wenn nicht ;)

Ich schreib später noch was ;)
 
So, halbes Forum vollgespammt *g*

Was ich ergänzend noch sagen wollte, ist eben wie emotional sowas ist. Musik, Kunst...das sind alles Formen um sich auszudrücken. Man kann vielleicht nicht die Welt ändern, aber es ist möglich das sich die Wahrnehmung dieser ändert, wenn man mit Kunst in Berührung kommt, die einen eben berührt.

Und deshalb bin ich "Fan". Ich bin einfach zu begeistert um den Personen, die das produzierten, was mich so mitriss, nicht auch eine gewisse Aufmerksamkeit zu schenken und ja, da kann man vielleicht mal daneben greifen, aber das ist mir bisher nicht passiert.

Bisher haben sich für mich dadurch ausschließlich positive Dinge ergeben. Ich habe neue, wirklich schöne Freundschaften geschlossen z.B., teilweise über eine enorme Distanz hinweg. Und ohne gewisse Künstler hätte ich diese Menschen in meinem Leben wahrscheinlich nie getroffen, was extrem schade gewesen wäre.

Personenkult ist eben ein Teil, ein idealerweise eher kleiner Teil, von Kunst. Es gehört dazu, wirkt ergänzend. Es ist nicht schlimm, wenn das Outfit eines Künstlers einen gewissen Einfluss hat auf die Dinge, solange es nicht zum einzigen markanten Punkt in einer nichtssagenden Brühe wird, sondern eben nur wie die Prise Salz in einem leckeren Gericht wahrgenommen wird. Für mich fühlt sich das ganz normal an ab einem gewissen Grad der Begeisterung für eine Sache auch an den Menschen dahinter Interesse zu entwickeln, natürlich immer mit dem Warnschild "Desillusionierung" im Kopf, was einem eben bewusst sein sollte - das Risiko geht man dann manchmal aber eben doch gerne ein - depends ;)
 
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