QuodLibet - oder der Aufschrei einer geschundenen spook Seele: spook
Seit meiner vorzeitigen und inzwischen arg von Gewissensnöten belasteten Entdeckung der ersten "Laubsägearbeiten" zu QuodLibet sind 567 Tage vergangen. Excalibur erinnert minichten an unsicheren Laubsägetand, sondern an solide Arbeit in hervorragender Eichenplanken-Technik. (Mir ist heute noch schummerig ob der Methan-haltigen Bergwerksluft).
Helium Volas Wortführer und Taktstockwedler, dieser unbesungene Held der musikalischen Bernstein-Technik, stellt uns seither auf eine harte Probe. So verkündete er selbst, auch munkelten gewisse Parteigänger - oder zumindest geschehensnahe Partei-Hornisten bzw. berufene Horn-Astrologen: Das Album sei bald fertig, Freunde - gemach gemach!
Wir hörten - direkt aus des Meisters wabernd' Dunstkreis - mal diesen Veröffentlichungstermin, mal jenen… und kurz vor der anstehenden Veröffentlichung platzte die Bombe! In dürren, mit der Beisskraft einer Bärenfalle versehenen Worten verkündete der Maestro:
"… letzten Endes stimmte dann einfach die Balance nicht …"
Bei Marxens Karli - Genosse Horn, es Ihre verdammte revolutionäre Pflicht, Ihr Talent mit den fortschrittlichen Kräften dieser Welt zu teilen, was schert uns die verflixte Balance?
Verbirgt dieser "Balancefetisch" ein Aufbegehren gegen die planwirtschaftliche Erfüllung? Existiert gar eine trotzige Haltung, die - wortklaubend umgeformt - zu trotzkistischem Abweichlertum im normativen Neuklanggewerbe gerinnt? (War das der Drohung genug, Genossen!!!? Man munkelt ja immer wieder von bevorstehenden Säuberungen - natürlich nur im Bankgewerbe, wo denn sonst).
Also, die Balance stimmte nicht?
Weiss man im Münchner Zentralkommittee nicht um die Not der Genoss/Inn/en im Lande? Viele brave Parteigänger darben, hungern nach Niwo - füttern aber (in elenden Entzugserscheinungen) ihre VEB-gewirkten Schallwandler notfallmässig mit akustischem Madonna-Gaga-Grusel und den repetitiven Absonderungen anderer Notdurftquengler. Beim Teutates, beim Rotbanner, das musikalische Proletariat verkommt ohne geistige Führung! Aber auch dem feinsinnigsten Arbeiter der Stirn fehlt das emotionale Feedback: Er zerrt in diesen Zeiten des Mangels sogar das überstrapazierte Vinylknistern der vergangenen Werke in gähnend leere Kunstkopfräume - nur zur Abschätzung der virtuellen Vinyl-Abrasionsmengen in "Silence In Your Eyes" (und dem ganzen "Indicator"). Erschreckend, ich weiss.
Album-Balance ist doch Pipifax. Der in sich ruhende, musikalisch werktätige Held definiert die Balance in einem revolutionären Akt neu und transzendiert sie kurzerhand zur Kopfschmerz-Ästhetik der neuen Zeitgeistbesoffenheit. Punktum.
Genossen, Mitläufer, subversive Bannerträger und Mitglieder forensisch kreativer Kreise: Besorgt mir endlich eine digitale Doublette dieser fertig abgemischten Tonträger! Ich will sie haben, garantiere sonst für nichts mehr, denn die Familie darbt, die Kinder hungern - nach zentralgestirnbenamstem fliegend' Edelgas! Wir wollen weder laues Argon noch pinkfarbenes Neon, kein kryptisches Krypton oder xenophobes Xenon, kein strahlendes Radon - und das wenige Ununoctium dürfen sich die Musikvertriebe in ihre - ähm - Panzerschränke schieben - wir brauchen Helium, fliege!
--------------------------------------------------
PS: Geständnisse eines digitalen Zeitgenossen, abseits jeder Selbstkritik
Ich gestehe: Ich weiss sehr wohl mit dem digitalen Hackebeilchen und dem akustischen Skalpell umzugehen.
Ich gestehe: Nach jeder Veröffentlichung zerfleddere ich das jeweilige HV-/DL-Album gemäss ureigenstem Gusto (ein typisch burgeoiser Rückfall in postmodernen Individualismus).
Ich gestehe: Kein HV-, aber auch kein DL- oder E.H.-Solo-Album existiert in meinem akustischen Akut-Zentralberieseler in der Originalausgabe (obwohl ich alle Alben und EPs/Singles in jungfräulicher Form besitze).
Ich gestehe: Die clubtauglichsten Bumm-bumm-Rhythmen werden von mir rücksichtslos eliminiert und in bester Tschekistentradition im nahen Wald entsorgt, den Mont Ventoux dagegen kenne ich sehr wohl und lausche wohlig entrückt den Bewohnern der Sonne in jedem neuen Liod über L'Aaaaaaaalba…..
Ich gestehe: In Frankenstein-Manier setze ich die hackebeil-skalpell-zerteilten musikalischen Wesenheiten des Meisters neu zusammen - und merket auf: Sie leben! Und ja, seit meinem "Neuaufguss" von "Quan lo Pet" konnte sogar im Hintergrund-Sample von Mrs. Thatcher ein schwacher aber deutlicher Puls nachgewiesen werden.
Allerdings leugne ich jedwede Häresie wider die "Silberne Cassette". Das war nicht mein Werk!
Es grüsst, G. spook