Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www
Erstmal vorweg:
Ich finde die Bezeichnung der Wikipedia als "Maschine" von euch (Ash und Diana) nicht treffend. Maschine hat Konnotationen wie "unmenschlich", "kalt", "gesteuert" ... ;😉 😀 ... das mögen eure persönlichen Vorurteile sein. Letztlich handelt es sich dennoch um eine von Menschen zusammengestellte Ansammlung an Informationen, die sehr lebendig ist, ständig durch Diskussionsplattformen zu Beiträgen aktiv diskutiert und reflektiert wird aber natürlich auch, ;😉 genau wie Zeitungen, im Netz steht.
Auf keinen Fall uneingeschränkt.
Der bloßen Feststellung zum Zeitgeist stimme ich auch zu aber:
Wieso ist es aus Prinzip schlechter, nur, weil es mit nem Mausklick schneller geht? Muss ich in ne Bibliothek rennen, um herauszufinden, was ein "Thread" ist, ob ne Aubergine in ein Ratatouille gehört oder wie der amtierende Bürgermeister von Timbuktu heißt?
Ich finde, man muss da differenzieren bezüglich Zweck und Inhalt. Wozu brauch ich das Wissen, ist das Wissen von grundlegender Bedeutung oder handelt es sich um schnellebiges Faktenwissen, das bald veraltet sein wird?
Richtig: eigenes Wissen bzw. hier Denken kann nicht durch einen Mausklick oder durch das Überfliegen eines Buches ersetzt werden, da es im Sinne einer Bildung erarbeitet werden muss .. faktisches Wissen hingegen kann durchaus ergänzt werden... und was man letztlich mit den Informationen, die man schnell oder langsam bekommt, anstellt und wie man sie für sich selbst nutzbar macht, steht dann noch mal auf einem anderen Blatt. Dies knüpft dann erneut an dem Mündigkeitsaspekt an, also an der Fähigkeit, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen und letztlich aus den Informationen auch Wissen werden zu lassen.
(in dem Zusammenhang und insgesamt: danke dreamdancer für deinen Beitrag!!)
Die Frage, wie eine gute von einer schlechten Ausführung unterschieden wird, knüpft ebenfalls am Mündigkeitsaspekt an und ich möchte dazu die Behauptung aufstellen, dass auch manch ein entschleunigtes Medium eben nicht zwingend eine gute Zusammenfassung liefert.
Und schon lande ich wider bei der Medienkompetenz und der Urteilsfähigkeit des Menschen, die zweifelsohne in der heutigen Zeit durch das Netz mit seiner Bilderflut und diversen Unwahrheiten mehr gefragt ist, als noch vor 20 Jahren.
Ich finde dreamdancers Gedanken sehr interessant und größtenteils für mich schlüssig. Ich denke, das Konstrukt "breite Masse" haben wir ja nun erläutert und ein stückweit irgendwie geklärt. 🙂
______
Also ich denke, wir können schon mal von der Grundannahme ausgehen, dass ein Phänomen wie Wikipedia zumindest in einer nicht aufgeklärten Gesellschaft nicht möglich wäre.
Ich weiß nicht, inwiefern man Kant nun 1:1 in die heutige Zeit übertragen kann. Wir leben immerhin in einer Gesellschaft, in der der Informationsfluss viel, viel schneller ist. Gutes Handwerkszeug und eine grundlegende Bildung sind notwendig, gleichzeitig die Fähigkeit, sich schnell Informationen zu beschaffen.
Ich muss dazu sagen, dass ich Kant nicht gelesen habe und dass mein Wissen gerade noch von sapere aude bis zum kategorischen Imperativ reicht. Ich kenne mich also nicht wirklich gut aus und es mangelt mir momentan leider auch an der Zeit, mich damit nun umgehend intensiv auseinanderzusetzen.
Den Wikipediaartikel kann ich auf die Schnelle nicht beurteilen und der Aster gibt nicht so viel her
😀 😀 😀
Ich kann also nicht beurteilen bzw. ernsthaft interpretieren, was Kant nun genau im Sinn hatte, als er diese Zeilen schrieb.
Auf dieser Grundlage hier (gerne auch losgelöst von Kant), schließe ich mich dreamdancers Gedanken an. Es handelt sich bei Wikipedia ja nicht um eine Maschine, sondern um eine sich im ständigen Fluss befindende Plattform des Informationsaustauschs, sozusagen. Das fordert vom Nutzer bei ernsthafter Auseinandersetzung (wie es auch Zeitungen bei ernsthafter Auseinandersetzung fordern), sich seiner Vernunft zu bedienen und davon Gebrauch zu machen.
______
Das sehe ich anders.
Aus Kants Aussage zur Aufklärung lässt sich meines Erachtens nicht ableiten, dass der Staat nicht berechtigt ist, den einzelnen Bürger zu Mündigkeit anzuleiten. Ich glaube, dass das an der Sache vorbeigeht, da ich diesem herausgerissenen Zitat entnehme, dass Kant eher kompetenz- als inhaltsorientiert ist. Daher ist die bloße Kompetenzvermittlung "unschädlich", da sie nicht anstrebt, eine bestimmte Auffassung aufzuoktroyieren.
Der Staat, der ja ein demokratischer sein will, trägt schon allein wegen dieser Eigenschaft meines Erachtens eine nicht unerhebliche Mitverantwortung für die Mündigkeit seiner Bürger, die seine Grundlage bilden. Wenn man zudem davon ausgeht, dass wir als unmündige Wesen geboren werden, muss also erstmal eine Form der Mündigkeit erlangt werden. Die Schulen liegen größtenteils in der Hand des Staates und wollen zu einem Mitglied einer demokratischen Gesellschaft erziehen.
Mündigkeit kann bzw. muss gelernt werden. Mündig ist man nicht automatisch und da trägt gerade der Staat eine sehr große Verantwortung.
Deinem Gedanken, dass schließlich das Individuum selbst verantwortlich ist, stimme ich dennoch auch zu. Dass schließlich der Staat auch nicht "anleiten" darf, wenn es um Mündigkeit geht, ebenfalls. Zumindest, wenn man das anleiten als ein Vorschreiben von richtig oder falsch versteht.
Jesses.... ein Roman @-)
Ich hoffe, dass ich euch mit euren Bezügen zu Kant richtig verstanden habe.
Erstmal vorweg:
Ich finde die Bezeichnung der Wikipedia als "Maschine" von euch (Ash und Diana) nicht treffend. Maschine hat Konnotationen wie "unmenschlich", "kalt", "gesteuert" ... ;😉 😀 ... das mögen eure persönlichen Vorurteile sein. Letztlich handelt es sich dennoch um eine von Menschen zusammengestellte Ansammlung an Informationen, die sehr lebendig ist, ständig durch Diskussionsplattformen zu Beiträgen aktiv diskutiert und reflektiert wird aber natürlich auch, ;😉 genau wie Zeitungen, im Netz steht.
Ich nicht.DianaS schrieb:Dem schließe ich mich uneingeschränkt anLady Ash schrieb:Ich halte diese Informationsmaschinen für ein Phänomen der heutigen Zeit, im Einklang mit dem generellen Verlangen nach sofortiger Befriedigung jeglichen Verlangens. Information ist nur noch einen Mausklick entfernt und man bekommt (wenn man Glück hat) eine gute Zusammenfassung und muss nicht mehr lange selber lesen und überlegen. (Wenn man Pech hat, ist es auch nur eine schlechte Zusammenfassung, und wie unterscheide ich das, aber das hatten wir ja schon). Das Problem ist, dass diese zusammengefassten Stichpunkte eben nicht eigenes Wissen ersetzen können und Suchmaschinen so paradoxerweise die Tendenz des allgemeinen Wissensverlustes eher unterstützen.
Auf keinen Fall uneingeschränkt.
Der bloßen Feststellung zum Zeitgeist stimme ich auch zu aber:
Wieso ist es aus Prinzip schlechter, nur, weil es mit nem Mausklick schneller geht? Muss ich in ne Bibliothek rennen, um herauszufinden, was ein "Thread" ist, ob ne Aubergine in ein Ratatouille gehört oder wie der amtierende Bürgermeister von Timbuktu heißt?
Ich finde, man muss da differenzieren bezüglich Zweck und Inhalt. Wozu brauch ich das Wissen, ist das Wissen von grundlegender Bedeutung oder handelt es sich um schnellebiges Faktenwissen, das bald veraltet sein wird?
Richtig: eigenes Wissen bzw. hier Denken kann nicht durch einen Mausklick oder durch das Überfliegen eines Buches ersetzt werden, da es im Sinne einer Bildung erarbeitet werden muss .. faktisches Wissen hingegen kann durchaus ergänzt werden... und was man letztlich mit den Informationen, die man schnell oder langsam bekommt, anstellt und wie man sie für sich selbst nutzbar macht, steht dann noch mal auf einem anderen Blatt. Dies knüpft dann erneut an dem Mündigkeitsaspekt an, also an der Fähigkeit, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen und letztlich aus den Informationen auch Wissen werden zu lassen.
(in dem Zusammenhang und insgesamt: danke dreamdancer für deinen Beitrag!!)
Die Frage, wie eine gute von einer schlechten Ausführung unterschieden wird, knüpft ebenfalls am Mündigkeitsaspekt an und ich möchte dazu die Behauptung aufstellen, dass auch manch ein entschleunigtes Medium eben nicht zwingend eine gute Zusammenfassung liefert.
Und schon lande ich wider bei der Medienkompetenz und der Urteilsfähigkeit des Menschen, die zweifelsohne in der heutigen Zeit durch das Netz mit seiner Bilderflut und diversen Unwahrheiten mehr gefragt ist, als noch vor 20 Jahren.
Ich finde dreamdancers Gedanken sehr interessant und größtenteils für mich schlüssig. Ich denke, das Konstrukt "breite Masse" haben wir ja nun erläutert und ein stückweit irgendwie geklärt. 🙂
______
Interessant!dreamdancer schrieb:Nun gut - in diesem Sinne möchte ich die These aufstellen, dass Wikipedia geradezu ein Paradebeispiel dafür ist, dass wir in einer (im oben genannten Sinne) aufgeklärten Gesellschaft leben. Eben die Menschen, die zum allgemeinen Wissen beitragen und sich dabei nicht über andere stellen, handeln aufgeklärt. Gerade die beständige Flexibilität und gleichbereichtigte Diskussion machen die mündige Gemeinschaft aus.
Also ich denke, wir können schon mal von der Grundannahme ausgehen, dass ein Phänomen wie Wikipedia zumindest in einer nicht aufgeklärten Gesellschaft nicht möglich wäre.
DianaS schrieb:Ich glaube, Kant hatte anderes im Sinn, als er diese Zeilen schrieb ... aber im Endeffekt würde ich mich auch der von Kant vertretenen Ansicht anschließen. In seiner Schrift "Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?" hat er den Mut des Bürgers gefordert, sich aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu lösen. Dabei bezeichnet er den Zugang zu Informationen, die "Freiheit der Feder" - und meinte damit zwar die Meinungs- und Pressefreiheit, dies aber nicht i. S. v. Info - Maschinen, Wikipedia etc., im Gegenteil. Deine Auslegung der kantischen Philosophie widerspricht gerade, meiner Ansicht nach, seinem Verständnis von Wissen und Vernunft - als wesentliche Bedingung für die Mündigkeit des Einzelnen, "von der Vernunft in allen Stücken öffentlich Gebrauch zu machen".
Ich weiß nicht, inwiefern man Kant nun 1:1 in die heutige Zeit übertragen kann. Wir leben immerhin in einer Gesellschaft, in der der Informationsfluss viel, viel schneller ist. Gutes Handwerkszeug und eine grundlegende Bildung sind notwendig, gleichzeitig die Fähigkeit, sich schnell Informationen zu beschaffen.
Ich muss dazu sagen, dass ich Kant nicht gelesen habe und dass mein Wissen gerade noch von sapere aude bis zum kategorischen Imperativ reicht. Ich kenne mich also nicht wirklich gut aus und es mangelt mir momentan leider auch an der Zeit, mich damit nun umgehend intensiv auseinanderzusetzen.
Den Wikipediaartikel kann ich auf die Schnelle nicht beurteilen und der Aster gibt nicht so viel her
😀 😀 😀
Ich kann also nicht beurteilen bzw. ernsthaft interpretieren, was Kant nun genau im Sinn hatte, als er diese Zeilen schrieb.
Auf dieser Grundlage hier (gerne auch losgelöst von Kant), schließe ich mich dreamdancers Gedanken an. Es handelt sich bei Wikipedia ja nicht um eine Maschine, sondern um eine sich im ständigen Fluss befindende Plattform des Informationsaustauschs, sozusagen. Das fordert vom Nutzer bei ernsthafter Auseinandersetzung (wie es auch Zeitungen bei ernsthafter Auseinandersetzung fordern), sich seiner Vernunft zu bedienen und davon Gebrauch zu machen.
______
dreamdancer schrieb:Hiernach kann also mitnichten der Staat für die Mündigkeit der Menschen verantwortlich sein! Im Gegenteil: es geht doch gerade darum, ohne Anleitung selbst zu denken.
Das sehe ich anders.
Aus Kants Aussage zur Aufklärung lässt sich meines Erachtens nicht ableiten, dass der Staat nicht berechtigt ist, den einzelnen Bürger zu Mündigkeit anzuleiten. Ich glaube, dass das an der Sache vorbeigeht, da ich diesem herausgerissenen Zitat entnehme, dass Kant eher kompetenz- als inhaltsorientiert ist. Daher ist die bloße Kompetenzvermittlung "unschädlich", da sie nicht anstrebt, eine bestimmte Auffassung aufzuoktroyieren.
Der Staat, der ja ein demokratischer sein will, trägt schon allein wegen dieser Eigenschaft meines Erachtens eine nicht unerhebliche Mitverantwortung für die Mündigkeit seiner Bürger, die seine Grundlage bilden. Wenn man zudem davon ausgeht, dass wir als unmündige Wesen geboren werden, muss also erstmal eine Form der Mündigkeit erlangt werden. Die Schulen liegen größtenteils in der Hand des Staates und wollen zu einem Mitglied einer demokratischen Gesellschaft erziehen.
Mündigkeit kann bzw. muss gelernt werden. Mündig ist man nicht automatisch und da trägt gerade der Staat eine sehr große Verantwortung.
Deinem Gedanken, dass schließlich das Individuum selbst verantwortlich ist, stimme ich dennoch auch zu. Dass schließlich der Staat auch nicht "anleiten" darf, wenn es um Mündigkeit geht, ebenfalls. Zumindest, wenn man das anleiten als ein Vorschreiben von richtig oder falsch versteht.
Ja. Dass die Realität in Teilbereichen anders aussieht, ist leider nicht von der Hand zu weisen. An dieser Stelle ist dann der hoffentlich schon einigermaßen mündige Bürger gefragt.DianaS schrieb:Der Staat muss die Bürger nicht nur als mündig bezeichnen, sondern auch als mündig behandeln. Dies findet jedoch nicht statt...
Jesses.... ein Roman @-)
Ich hoffe, dass ich euch mit euren Bezügen zu Kant richtig verstanden habe.