Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www
....nachdem ich grade ewig mit Kopfschmerz an einem Posting gebastelt habe, hat ein falscher Klick meine Arbeit im Äther verschwinden lassen.....
Also nochmal in Kurzform:
@Diana: Ersteinmal herzlichen Dank für die Quellenangabe und die Literaturtipps
🙂 Den Seewald lese ich gerade und darf sagen, dass ich mich über unserern derzeitigen Papst freue, auch wenn Herr Lill aus Köln sich im Deutschlandradio durchaus vernichtend geäußert hat.... den Rest werde ich mir dann aber über die Feiertage mal zu Gemüte führen...
zum Thema Gesetze und Kirche: Wie gesagt: Wird eine einzelne kirchliche (oder sonstwie religiös motivierte) Position in Gesetzesform gegossen, so vermag ich darin kein Problem zu sehen, wenn hierdurch nicht die --positive wie auch negative -- Religionsfreiheit der anderen beschränkt wird. Ich meine, dass man aus säkularer Sicht die Kirchen wie jede andere soziale Interessengruppe betrachten muss. Es mag sein, dass einzelne Positionen, die gerade die Katholische Kirche vertritt, Deinen Auffassungen zuwiderlaufen. Aber dennoch darf der Einfluss der Kirchen nicht künstlich unter den sonstiger sozialer Gruppen herabgesetzt werden. Was allerdings die Ethikdebatte angeht, stimme ich Dir -- auch aus meiner Praxis im medizinrechtlichen Bereich -- ganz deutlich zu. Die derzeitige Gesetzeslage halte ich in der Gesamtheit für unstimmig. Die einzelnen gesetzlichen Regelungen erscheinen mir als situationsbedingte Lösungen, die keinem grundsätzlichen ethischen Konzept folgen.
Zum Thema Lebensschutz und Menschenwürde: Ich persönlich gehe davon aus, dass beides faktisch vom Zeitpunkt der vollständigen Befruchtung an wirkt. Deine Argumentation setzt an der Frage der Dispositivität von beidem an. Hierzu meine ich das Folgende: Lebensschutz und Menschenwürde wirken bereits aus allgemeinen Grundrechtslehren heraus nicht absolut. Aber entgegenstehende Rechte müssen schon sehr schwer wiegen, um hier einen Eingriff zu erlauben. Insoweit muss man meine ich klar differenzieren zwischen der Frage des Schwangerschaftsabbruchs und der Frage von IVF und PID.
(1) Jedenfalls dann wenn die Mutter an Leben bedroht ist, kann m.E. ein Schwangerschaftsabbruch zumindest entschuldigt sein. Geht es aber nur um körperliche oder psychische Einschränkungen der Mutter, so sehe ich dies bereits nicht mehr. Umso mehr gilt dies, wenn es "lediglich" um eine Behinderung des Kindes geht. Die Entscheidung, ob die Eltern mit einem Kind mit Behinderung leben wollen kann keine Entscheidung für oder gegen das Kind sein. Die Eltern haben nicht die Verfügungsgewalt über die grundlegenden Rechte des Kindes. Wenn Eltern meinen, mit einem Kind mit Behinderungen nicht leben zu wollen, so sollen sie sich dies (platt gesagt) überlegen, bevor sie miteinander in die Kiste hüpfen. Bis auf die Lebensgefährdung für die Mutter sehe ich keine Rechtspositionen, die schwer genug wiegen um den Eingriff in Leben und Würde des Ungeborenen zu rechtfertigen. Dies gilt vor allem -- und hier hinkt meine ich Dein Vergleich zur Notwehr oder Nothilfe -- da vom Kind selbst kein Angriff auf Rechtspositionen der Mutter ausgeht.
(2) Die Situation verschärft sich bei IVF und PID: Hier werden ein Embryonen erzeugt in der Wissen, das zumindest ein Teil derselben nicht eingesetzt wird und letztlich dem Tode geweiht ist. Ich meine der legitime Wunsch der Eltern nach einem Kind kann dies nicht mehr rechtfertigen.
Dasselbe gilt schließlich auch für den Bereich der Embryonenforschung. Zusammengefasst sehe ich also bis auf den o.g. Ausnahmefall keine Möglichkeit eine Tötung von Embryonen zu entschuldigen oder rechtfertigen.
(Aber keine Angst: Ich stehe nicht am Straßenrand und verteile Embryonenpüppchen
😀 )
Ganz von dem juristischen ab, sehe ich aber noch das folgende Problem: Das abtreibungsbedingte Verschwinden behinderter Menschen bewirkt eine schleichende Tendenz zur -- wie ich finde -- faschistoiden Forderung nach Optimierung des menschlichen Lebens und somit zugleich zur Verobjektung des Lebens: Aus der legitimen Sorge um eine mögliche Behinderung eines Kindes ist bereits eine "Entscheidung für / gegen das behinderte Kind" geworden (was mit der Rechtsordnung kaum in Einklang zu bringen ist!). Der Weg zur Entscheidung über lebenswertes und "lebensunwertes" Leben bereits geborener ist m.E. klein.
Zum Thema Kirche, Beseelung und Abtreibung pp:
DianaS schrieb:
Andererseits ist in der katholischen Theologie bis in das 19. (ja in das 20.) Jahrhundert hinein die These der Spätbeseelung vertreten worden. Theorien der späten Menschwerdung, aus der ja eine Akzeptanz der Forschung an Embryonen abgeleitet wird, sind u. a. auch im Judentum sowie in östlichen Religionen maßgebend. Du siehst, also, Theologische/religiöse Denkansätze laufen keineswegs durchgängig auf einen unbedingten oder gar absoluten Schutz des pränidativen Embryos hinaus.
Hmhmhm....sicherlich ist es richtig, dass Judentum und Islam eine deutlich lockerere Einstellung zur Frage der Abtreibung haben. Ähnlich streng wie der Katholizismus sind meines Wissens nach nur die Bahá'ÃÂ. Wenngleich die Frage des Zeitpunktes der Beseelung umstritten gewesen sein mag, so ist aber die Tradition seit den Kirchenvätern, dass Abtreibung sündhaft und verboten ist. Und ich meine, auch aus säkularer Sicht gibt es hierfür gute Argumente (s.o.).
@Lady Ash: Keine Angst. Die Frage des Primats ist mir einfach ins Auge gesprungen, so dass ich mich bemüßigt fühlte, verbreitete Missverständnisse aufzuklären....ich führe an sich ein fröhliches Leben als heimlicher Mitleser....ich verlange daher hier von niemandem generelle Quellenangaben (wenn dies nötig wird, frage ich nach
🙂 ). Es geht hier ja nicht darum, Seminararbeiten zu schreiben. Ich habe mich halt zufällig mit der Frage des Primats intensiv befasst, bevor ich in die Römische Kirche konvertiert bin....