Wikipedia, Europa und der Papst

Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Kurzer Nachtrag @ Meister Athanasius
Interessant und diskussionswürdig finde ich übrigens die Auffassung von Prof. Bernhard Schlink "Die überforderte Menschenwürde" sowie von Prof. Julian Nida-Rümelin "Wo die Menschenwürde beginnt", dies insb. im Hinblick auf die aristotelische Analyse.
--
@ all
Mit großem Interesse und Faszination habe ich gestern "Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit" gelesen. In einem persönlichen und sehr tiefsinnigen Gespräch mit Peter Seewald nimmt der Heilige Vater offen Stellung zu den Problemen von Kirche, Staat, Gesellschaft (und äußert sich auch zum "Kondom - Verdikt"). Das Interview berührte mich zutiefst. Der Papst Benedikt ist ein außergewöhnlicher, tiefsinniger, einzigartiger Mensch.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

@Meister Athanasius

Zunächst einmal herzlich willkommen in unserer Diskussionsrunde 🙂 Ich war das Wochenende verreist, und komme erst jetzt dazu, dich zu lesen.

Es war mir nicht bewusst, dass ich jeden meiner hiesigen Beiträge derart mit Quellenwissen untermauern sollte. Wie dir bestimmt aufgefallen ist, bin ich kirchenrechtlich und generell juristisch ein blutiger Laie (ich glaube, die sinnvollsten Unterhaltungen, die ich je mit Juristen hatte, waren hier im Forum mit Diana 🙂 )

Dennoch, für dich, die Legitimation des Papstes, wie ich sie sehen würde:

"Hinsichtlich seiner kirchenrechtlichen Stellung ist der Papst in der kath. Kirche [u]der Träger der obersten Leitungsvollmacht[/u] und seit 1870 im Rahmen des kirchlichen Lehramtes der unfehlbaren Lehrautorität in Glaubensfragen [...]"(Brockhaus. Die Enzyklopädie, Bd 16, S.543)

Daraus geht nicht unbedingt die von dir erwähnte strenge Trennung der beiden Ämter hervor, und auch nicht die Bedingungen, die an die Ausübung des einen oder des anderen Amtes gebunden sind. Trotzdem ist mir schon immer klar gewesen, dass ein so gewaltiger Apparat wie die Kirche nicht von den einsamen Entscheidungen eines einzelnen Mannes (dein "weise" würde ich wirklich zu "klug" modefizieren wollen) regiert werden kann.

Ich danke dir für den lateinischen Quellentext, es ist in meiner Erinnerung das erste Mal, dass ich klerikales Latein lesen durfte, und es zu meiner Begeisterung konnte :ymhug: Ich hatte sonst eher mit klassischem Latein zu tun. Ich kann dir nicht versprechen, dass ich deine Quellen studieren werde, denn ich habe nur ausnahmsweise Vormittags und muss noch gleich mit der Schule telefonieren ... aber ich werde mich bemühen, weniger pauschalisierende Beiträge zu schreiben.

Ohne ihre Quellen zu kennen 😉 finde ich Dianas Stellungnahme zu deinen Punkten gelungen. Sie spricht mir damit aus dem Herzen!

Ganz liebe Grüße!
Ash
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Nachtrag @ Diana:
danke für den Literatur Tipp: das Interview werde ich dann auch mal lesen!
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Lady Ash schrieb:
danke für den Literatur Tipp: das Interview werde ich dann auch mal lesen!
Zu seiner Afrika - Reise, Seite 145 ff. 🙂
--
Lady Ash schrieb:
Ohne ihre Quellen zu kennen ...
Sabine Demel ist eine renommierte deutsche Theologin und Inhaberin des Lehrstuhls für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg.
--
kurzer Nachtrag 2 @ Meister Athanasius

Im Jahr 1975 hat sogar die Kongregation für die Glaubenslehre in ihrer Erklärung über den Schwangerschaftsabbruch betont:
"Wir lassen ausdrücklich die Frage nach dem Zeitpunkt der Eingiessung der Geistseele beiseite. Über diese Frage gibt es keine eindeutige Tradition, und die Autoren sind sich uneinig" Quelle: Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung über den Schwangerschaftsabbruch, 41, Anm. 19; Sabine Demel, S. 26 ff.

(erst später, im Jahr 1995 betonte der Papst Johannes Paul II in seiner Enzyklika "Evangelium Vitae"- damit aus der Offenheit in der Zeitpunktfrage der Seeleerschaffung keine Fehlschlüsse der unantastbaren Menschenwürde gezogen werden - "Ein menschliches Geschöpf ist von seiner Empfängnis an als Person zu achten und zu behandeln, und deshalb sind ihm von jenem Augenblick an die Rechte einer Person zuzuerkennen, als deren erstes das unverletzliche Recht auf Leben angesehen wird, dessen sich jedwedes unschuldige menschliche Geschöpf erfreut").
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

....nachdem ich grade ewig mit Kopfschmerz an einem Posting gebastelt habe, hat ein falscher Klick meine Arbeit im Äther verschwinden lassen.....


Also nochmal in Kurzform:

@Diana: Ersteinmal herzlichen Dank für die Quellenangabe und die Literaturtipps 🙂 Den Seewald lese ich gerade und darf sagen, dass ich mich über unserern derzeitigen Papst freue, auch wenn Herr Lill aus Köln sich im Deutschlandradio durchaus vernichtend geäußert hat.... den Rest werde ich mir dann aber über die Feiertage mal zu Gemüte führen...

zum Thema Gesetze und Kirche: Wie gesagt: Wird eine einzelne kirchliche (oder sonstwie religiös motivierte) Position in Gesetzesform gegossen, so vermag ich darin kein Problem zu sehen, wenn hierdurch nicht die --positive wie auch negative -- Religionsfreiheit der anderen beschränkt wird. Ich meine, dass man aus säkularer Sicht die Kirchen wie jede andere soziale Interessengruppe betrachten muss. Es mag sein, dass einzelne Positionen, die gerade die Katholische Kirche vertritt, Deinen Auffassungen zuwiderlaufen. Aber dennoch darf der Einfluss der Kirchen nicht künstlich unter den sonstiger sozialer Gruppen herabgesetzt werden. Was allerdings die Ethikdebatte angeht, stimme ich Dir -- auch aus meiner Praxis im medizinrechtlichen Bereich -- ganz deutlich zu. Die derzeitige Gesetzeslage halte ich in der Gesamtheit für unstimmig. Die einzelnen gesetzlichen Regelungen erscheinen mir als situationsbedingte Lösungen, die keinem grundsätzlichen ethischen Konzept folgen.

Zum Thema Lebensschutz und Menschenwürde: Ich persönlich gehe davon aus, dass beides faktisch vom Zeitpunkt der vollständigen Befruchtung an wirkt. Deine Argumentation setzt an der Frage der Dispositivität von beidem an. Hierzu meine ich das Folgende: Lebensschutz und Menschenwürde wirken bereits aus allgemeinen Grundrechtslehren heraus nicht absolut. Aber entgegenstehende Rechte müssen schon sehr schwer wiegen, um hier einen Eingriff zu erlauben. Insoweit muss man meine ich klar differenzieren zwischen der Frage des Schwangerschaftsabbruchs und der Frage von IVF und PID.

(1) Jedenfalls dann wenn die Mutter an Leben bedroht ist, kann m.E. ein Schwangerschaftsabbruch zumindest entschuldigt sein. Geht es aber nur um körperliche oder psychische Einschränkungen der Mutter, so sehe ich dies bereits nicht mehr. Umso mehr gilt dies, wenn es "lediglich" um eine Behinderung des Kindes geht. Die Entscheidung, ob die Eltern mit einem Kind mit Behinderung leben wollen kann keine Entscheidung für oder gegen das Kind sein. Die Eltern haben nicht die Verfügungsgewalt über die grundlegenden Rechte des Kindes. Wenn Eltern meinen, mit einem Kind mit Behinderungen nicht leben zu wollen, so sollen sie sich dies (platt gesagt) überlegen, bevor sie miteinander in die Kiste hüpfen. Bis auf die Lebensgefährdung für die Mutter sehe ich keine Rechtspositionen, die schwer genug wiegen um den Eingriff in Leben und Würde des Ungeborenen zu rechtfertigen. Dies gilt vor allem -- und hier hinkt meine ich Dein Vergleich zur Notwehr oder Nothilfe -- da vom Kind selbst kein Angriff auf Rechtspositionen der Mutter ausgeht.

(2) Die Situation verschärft sich bei IVF und PID: Hier werden ein Embryonen erzeugt in der Wissen, das zumindest ein Teil derselben nicht eingesetzt wird und letztlich dem Tode geweiht ist. Ich meine der legitime Wunsch der Eltern nach einem Kind kann dies nicht mehr rechtfertigen.

Dasselbe gilt schließlich auch für den Bereich der Embryonenforschung. Zusammengefasst sehe ich also bis auf den o.g. Ausnahmefall keine Möglichkeit eine Tötung von Embryonen zu entschuldigen oder rechtfertigen.

(Aber keine Angst: Ich stehe nicht am Straßenrand und verteile Embryonenpüppchen 😀 )

Ganz von dem juristischen ab, sehe ich aber noch das folgende Problem: Das abtreibungsbedingte Verschwinden behinderter Menschen bewirkt eine schleichende Tendenz zur -- wie ich finde -- faschistoiden Forderung nach Optimierung des menschlichen Lebens und somit zugleich zur Verobjektung des Lebens: Aus der legitimen Sorge um eine mögliche Behinderung eines Kindes ist bereits eine "Entscheidung für / gegen das behinderte Kind" geworden (was mit der Rechtsordnung kaum in Einklang zu bringen ist!). Der Weg zur Entscheidung über lebenswertes und "lebensunwertes" Leben bereits geborener ist m.E. klein.

Zum Thema Kirche, Beseelung und Abtreibung pp:

DianaS schrieb:
Andererseits ist in der katholischen Theologie bis in das 19. (ja in das 20.) Jahrhundert hinein die These der Spätbeseelung vertreten worden. Theorien der späten Menschwerdung, aus der ja eine Akzeptanz der Forschung an Embryonen abgeleitet wird, sind u. a. auch im Judentum sowie in östlichen Religionen maßgebend. Du siehst, also, Theologische/religiöse Denkansätze laufen keineswegs durchgängig auf einen unbedingten oder gar absoluten Schutz des pränidativen Embryos hinaus.
Hmhmhm....sicherlich ist es richtig, dass Judentum und Islam eine deutlich lockerere Einstellung zur Frage der Abtreibung haben. Ähnlich streng wie der Katholizismus sind meines Wissens nach nur die Bahá'í. Wenngleich die Frage des Zeitpunktes der Beseelung umstritten gewesen sein mag, so ist aber die Tradition seit den Kirchenvätern, dass Abtreibung sündhaft und verboten ist. Und ich meine, auch aus säkularer Sicht gibt es hierfür gute Argumente (s.o.).

@Lady Ash: Keine Angst. Die Frage des Primats ist mir einfach ins Auge gesprungen, so dass ich mich bemüßigt fühlte, verbreitete Missverständnisse aufzuklären....ich führe an sich ein fröhliches Leben als heimlicher Mitleser....ich verlange daher hier von niemandem generelle Quellenangaben (wenn dies nötig wird, frage ich nach 🙂 ). Es geht hier ja nicht darum, Seminararbeiten zu schreiben. Ich habe mich halt zufällig mit der Frage des Primats intensiv befasst, bevor ich in die Römische Kirche konvertiert bin....
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Nachtrag: betrachtet man die Überschrift, so möchte ich auf die schleichende Off-Topic-Gefahr hinweisen.... 😀
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Blackrose1975 schrieb:
DianaS schrieb:
Der Papst Benedikt ist ein außergewöhnlicher, tiefsinniger, einzigartiger Mensch.

Sieht man an seiner Haltung zum Kindesmißbrauch und zu Bischöfen, die den Holocaust leugnen.
Nicht zu vergessen die Kondom-Angelegenheit beim Afrika-Besuch... :ymsick:
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

@ Athanasius
Das ist starker Tobak. Wer von euch schwanger ist, sollte dies vielleicht nicht lesen!

Ich habe mir eine Tochter sehr gewünscht und bin dennoch 17 Monate lang nicht schwanger geworden - es hat dann letztlich auf natürlichem Wege "geklappt"- aber diese Zeit hat mich für den verzehrenden Kinderwunsch der vielen, ungewollt kinderlosen Paare sensibilisiert.
Du sprächest ein sehr hartes Urteil über all diese Menschen, wenn du die IVF verbieten wolltest. Es ist mir schon klar, dass du grundsätzlich den Wunsch der Eltern, der übrigens unendlich viel stärker als nur "legitim" ist, gegen das billigend in Kauf genommene Töten ungeborenen Lebens setzt. Und ich streite den Konflikt auch nicht ab. Aber eine IVF oder ICSI ist keine Prozedur, die nur mal eben so leichtfertig durchgeführt wird. Die Frauen in solchen Behandlungen haben zum Teil viele Fehlgeburten (in denen ja auch jedesmal ein ungeborenes Leben stirbt) hinter sich und ohne medizinische Hilfe manchmal Jahrzehnte dieser Qual vor sich, teilweise ohne je die Möglichkeit zu haben, eine Schwangerschaft aufrecht erhalten zu können.
Und das ist wirklich besser?
Darf ich fragen, wieviele Kinder du hast? Ob du dir diesen verzweifelten, alles verzehrenden Wunsch nach einem eigenen Kind überhaupt vorstellen kannst?
Und die allermeisten Frauen, die ich kennengelernt habe, haben übrigens keine weiteren Screenings bei den eingepflanzten Embryonen machen lassen, weil ihnen das medizinisch vollbrachte Wunder der intakten Schwangerschaft tatsächlich heilig ist.

Und wie sieht das mit den Spätabbrüchen aus, wenn in der 27. SSW festgestellt wird, dass das Kind einen genetischen Fehler hat, aufgrund dessen es nicht außerhalb des Mutterleibes wird leben können. Dabei ist es doch so munter wie ein gesundes Baby und tritt der Mutter ständig in die Rippen! Dem Tode geweiht, sobald es geboren ist. Wie entscheidest du, Meister? Die tötende Spritze ins Herz des Fötus (ich weiß genau, warum ich keine Ärztin bin!) oder lebend gebären, um es stundenlang, tagelang nach Luft ringend sterben zu sehen? Wie kann man das aushalten?
Aber PID ist von vornherein böse? Wenn dieses entsetzliche Elend abgewendet werden kann?

Verzeih meine emotionale Antwort, ich habe Tränen in den Augen ...
Und irgendwann frage ich dich bestimmt noch mal, warum du zum Katholizismus konvertiert bist, denn das ist bei mir trotz allem mal mehr mal weniger akut ein Thema ...
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Ist es nicht vielleicht besser wenn ihr für dieses Thema einen extra Thread aufmachen würdet und einer von den Moderatoren das bereits hier geschriebene dorthin verschiebt?
Nur als kleiner Hinweis bzgl. des etwas Off Topic.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Die Warnung von Lady Ash, dass werdende Väter und Mütter, sich die Durchsicht dieser Diskussion nicht unbedingt antun sollten, möchte ich hier wiederholen

@Lady Ash,

was ich schreibe ist für Betroffene starker Tobak, das ist mir klar. Aber ich bitte Dich zu differenzieren: Es gibt zwei Ebenen, das ganze zu betrachten. Einerseits die emotionalen Fragen der betroffenen Personen, andererseits das Problem ein --hoffentlich -- ethisch-moralisch begründetes Rechtssystem zu schaffen, das widerstreitende Interessen abwägen und zu einem Ausgleich führen muss.

Ich spreche kein Urteil über die Menschen, die Techniken wie IVF und ICSI nutzen! Ich spreche mein höchstpersönliches Urteil über diese Techniken und ich sehe einen grundlegenden Konflikt zwischen Lebensschutz und dem Wunsch, endlich Kinder zu bekommen. Und hier muss meines Erachtens dem Lebensschutz absoluter Vorrang gewährt werden.

Dass niemand diese Techniken einfach mal ebenso einsetzt, weil es halt mit dem Kinderkriegen nicht geklappt hat, ist mir klar. Mit den dahinterstehenden Leidenswegen beim Kinderkriegen hatte ich tatsächlich bislang nichts zu tun, ich habe auch noch keine Kinder. Ich bin aufgrund meiner medizinrechtlichen Praxis aber durchaus regelmäßig mit Konflikten "an der anderen Seite des Lebens" befasst und kenne dort die moralischen Bedenken Angehöriger, ihren Schmerz und ihre Angst (und übrigens auch die der Ärzte). Gleichwohl gebe ich Dir recht, dass ich emotionalen Fragen, die am Scheitern des Kinderwunsches hängen, nicht beurteilen kann. Mein ethisches Urteil ist aber trotzdem klar. So hart das auch klingen mag: Ich sehe keinen anderen Weg, als dass Menschen, die nicht Eltern werden können, dieses Schicksal tragen sollten. Denn die Konsequenz, dass stattdessen Leben getötet wird, halte ich für nicht tragbar.

Zur Frage der PID: Die PID verhindert nicht, dass Kinder mit entsprechenden Krankheiten getötet werden. Sie zieht die Tötung nur vor. Das Ergebnis ist dasselbe.

Viel schlimmer noch ist das Problem bei der Spätabtreibung. Auch hier ist das Ergebnis dasselbe: Das Kind ist am Ende tot. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob die tötende Spritze schonender für das Kind ist, als auf anderem Wege zu sterben. Aber es handelt sich dennoch um die vorsätzliche Tötung eines Menschen.

Im übrigen muss man sich auch schließlich die folgenden Gegenfragen gefallen lassen: Wäre es denn statthaft, die tödliche Spritze nach der Geburt zu verabreichen? Wäre es in einem zweiten Schritt statthaft, Menschen, die als erwachsene Leiden zu erdulden haben, an denen sie definitiv sterben werden, mit der "erlösenden Spritze" zu töten? Bitte sei mir nicht böse, aber diese Fragen hängen an diesem Problem und ich denke, dass man die Konsequenzen zu Ende denken muss....und ich meine, dass die meisten Menschen dies nicht tun.

Es ist und bleibt m.E. ein massiver Dammbruch in der Frage, wie mit dem Leben umzugehen ist. Meines Erachtens ist gerade die Argumentation mit der der Fetozid schwer missgebildeter Kinder -- etwa mit Spina bifida oder Anenzephalie -- zu rechtfertigen versucht wird, gleichermaßen geeignet, die Tötung schwer leidender Erwachsener auch gegen Ihren Willen zu rechtfertigen. Es vermag mir nicht einzuleuchten, welchen Unterschied es macht, bei einem Fetus am Tag vor der Geburt den Fetozid durchzuführen, das Kind am Tag nach der Geburt durch eine entsprechende Injektion sterben zu lassen oder etwa einen schwer leidenden Erwachsenen eine entsprechende Behandlung zukommen zu lassen. Wo ist der Unterschied?

Also nochmals: Ich will über niemanden, der Betroffen ist, urteilen. Dies würde ich mir, angesichts meiner Erfahrungen, die bei Fragen von Behandlungsabbrüchen aufgetreten sind, auch nicht anmaßen. Es geht mir darum, aufzuzeigen, wie ein Rechtssystem solche Konfliktfragen klären könnte ohne -- wie ich hoffe -- dabei in schwerwiegende ethische Inkonsistenzen zu rutschen. Um einen letzten Punkt klarzustellen: Ich will hier auch nicht die von mir abstrakt betrachteten ethischen Grundlagen über alles andere stellen. Es handelt sich um meine persönlichen Werturteile. Aber ich finde es wichtig, gerade auch die quälenden Aspekte, die an diesen Fragestellungen hängen, aufzuzeigen und zu diskutieren, da die Debatten in Deutschland bislang überaus eindimensional geführt wurden. Ich finde dies zeigt sich an der Positionierung der CDU zur PID gerade sehr deutlich: Die derzeitige gültige Regelung des Schwangerschaftsabbruchs, ist in der Äre Kohl verabschiedet worden. Sie lässt Abtreibungen zwar grundsätzlich rechtswidrig, erlaubt diese faktisch aber durch geringe Anforderungen an die Straffreiheit. Die PID soll nun aber verboten werden. Passt dies zusammen?!?

Nun denn. Entschuldige, wenn ich Dich persönlich getroffen habe. Dies war nicht meine Absicht. Ich hoffe, Du kannst meine Überlegungen nun etwas mehr nachvollziehen....
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Hallo Pandora & all,

ab wo in etwa wäre es denn eurer Meinung nach angebracht, das Thema noch mal zu splitten?
Die Grenzen sind doch eher fließend....
Schlagt doch einfach was vor und denkt euch noch einen netten neuen Topic aus, dann schauen wir mal, wie wir das hinbiegen können 🙂
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

@ Moderator 2
Meiner Meinung nach geht es in diesem thread, ausgelöst durch das Interview mit Herrn Veljanov jetzt um das dritte Thema (ich glaube nicht, dass es noch mehr dazu geben wird) ... also könnte der Herr Sänger ja wieder einen interessanten Termin dieser Art klar machen 😉 Nur so, weil er ja bestimmt sonst nichts zu tun hat ;😉 , und wir neuen Diskussionsstoff haben 🙂

Zuerst ging es um Wikipedia, das war Tigress bis (S.2, irgendwo ein kurzer Beitrag von Diana zu Kant - und Schluss damit) dann gings ein bisschen um Europa(bis S.2,dann einen fließenden Übergang zum Papst (durch Dianas Beitrag über Dostojewski, bzw. meine falsche Deutung desselben)

Liebe Grüße
Ash
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

@ Athanasius
Ich kann mich nur noch einmal für den emotionalen Stil meiner Antwort entschuldigen.(Es war gestern ein sehr emotionaler Tag für mich, auch noch mal an die anderen, die dies vielleicht lesen: Entschuldigung) Ja, das Thema berührt mich sehr - aber ich bin nicht so davon betroffen, wie ihr jetzt vielleicht denkt. Insofern ist mir niemand zu nahe getreten.
Natürlich stimme ich dir zu, dass es (mindestens) zwei Ebenen gibt, um die Thematik zu verhandeln und selbstverständlich können auf einer emotionalen Ebene keine bindenden, ethischen Entscheidungen getroffen werden. Aber ich wage aber anzuzweifeln, ob die kath. Kirche in irgendeiner Form besser befähigt ist, Entscheidungen über die ganze Technologie rund um IVF/ICSI und PID zu treffen. Denn das sind dann Elfenbeinturm-Entscheidungen, super theoretisch durchdacht (hoffentlich) aber unbeseelt (so wie ich deinen Beitrag gestern empfunden habe). Der rein theoretische Ansatz funktioniert aus meiner Sicht genauso wenig, wie der emotionale … weshalb ich die ärztlichen Ethikkommissionen für eine ausgezeichnete Institution halte.

Ich würde mich gerne noch zu deinen einzelnen Punkten äußern, leider fehlt mir jetzt die Zeit ...
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

@ Meister Athanasius

Meister Athanasius schrieb:
Die derzeitige gültige Regelung des Schwangerschaftsabbruchs, ist in der Äre Kohl verabschiedet worden. Sie lässt Abtreibungen zwar grundsätzlich rechtswidrig, erlaubt diese faktisch aber durch geringe Anforderungen an die Straffreiheit. Die PID soll nun aber verboten werden. Passt dies zusammen?!?

Ja, das kategorische Verbot der PID einerseits und die strafrechtliche "Duldung"
des Schwangerschaftsabbruchs andererseits scheinen sich auf den ersten Blick zu widersprechen. Dem ist aber nicht so. Ich habe soeben eine sehr umfangreiche juristische Abhandlung zu diesem Thema gelesen und möchte zusammenfassend folgendes anmerken:

Aus der Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs darf nicht automatisch auf die Zulässigkeit von PID geschlossen werden. Denn der Verzicht des Gesetzgebers auf eine "Bestrafung" beruht nicht auf dem Vorrang des Selbstbestimmungsrechts vor dem Überlebensinteresse des Embryos (wie Du zutreffend anmerkst, kann die Tötung ungeborenen Lebens zur Wahrung von Rechtsgütern der Mutter nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt sein). Vielmehr liegt den §§ 218 ff. StGB die Einsicht zu Grunde, dass der Embryo nicht gegen den Willen der Mutter geschützt werden kann. Abtreibung ist also nicht etwa grundsätzlich erlaubt (sie ist rechtswidrig), aber unstrafbar, weil "das Strafgesetz die beabsichtigte Wirkung gar nicht haben kann"(hierzu Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten, S. 41ff.), weil der Gesetzgeber in diesen Fällen an seine Grenzen stößt. Von daher lässt sich die geltende Rechtslage nachvollziehen: Wenn der Gesetzgeber bzw. der Staat schon das Recht auf Leben des Embryos nicht gegen den Willen der Mutter zwangsweise durchsetzen kann, soll jedenfalls versucht werden, den Schwangerschaftskonflikt auf eine möglichst sozialverträgliche Weise aufzulösen. Zwar würde der Verzicht auf die Implantation eines genetisch auffälligen Embryos nach einer PID den Schwangerschaftskonflikt von vornherein vermeiden. Eine ebenso wirksame Alternative ist jedoch der Verzicht auf die künstliche Befruchtung, da dann gar nicht erst ein Embryo entsteht.Natürlich ist auch eine Schwangerschaft "auf Probe in vivo" nicht rechtlich ausgeschlossen. Aber unabhängig davon, dass derjenige, der bewusst das Risiko einer Interessenkollision eingeht, weniger schutzwürdig ist, kann eine Schwangerschaft auf Probe in vivo, und somit der Missbrauch der Abtreibung als Mittel zur Selektion, schon deshalb nicht verhindert werden, weil hier der Gesetzgeber an die Grenzen der privaten Intimsphäre stößt. Diese Sphäre ist aber bei der PID nicht berührt. Aus diesem Grund kann es dem Gesetzgeber nicht abgesprochen werden, die PID zu verbieten.
--
Ich finde Deine Diskussionsansätze sehr interessant und wichtig, muss mir aber Deine Stellungnahme noch einmal in Ruhe durchlesen (um angemessen zu antworten).

(Ich finde aber nicht, dass die Debatten in Deutschland eindimensional geführt worden sind. Im Gegenteil. Gerade im juristischen Bereich wurde die bioethische Debatte insb. im Hinblick auf die Embryonenforschung äußerst kontrovers geführt - jedenfalls in meiner Wahrnehmung - dabei spielten hochrangige Rechtsgüter wie Menschenwürde, Lebensrecht, Forschungsfreiheit und ... ja religiöse Aspekte eine sehr große Rolle).
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Blackrose1975 schrieb:
Sieht man an seiner Haltung zum Kindesmißbrauch und zu Bischöfen, die den Holocaust leugnen.
Ich möchte Dir wirklich "Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit" von Peter Seewald (das Interview) ans Herz legen.
(Dies insbesondere im Hinblick auf den Fall Williamson, seine Afrika - Reise sowie auf die Missbrauchsfälle).
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

DianaS schrieb:
Blackrose1975 schrieb:
Sieht man an seiner Haltung zum Kindesmißbrauch und zu Bischöfen, die den Holocaust leugnen.
Ich möchte Dir wirklich "Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit" von Peter Seewald (das Interview) ans Herz legen.
(Dies insbesondere im Hinblick auf den Fall Williamson, seine Afrika - Reise sowie auf die Missbrauchsfälle).

Nett gemeint, aber ich werde meine kostbare Zeit definitiv nicht mit dem Pabst oder der Kirche verschwenden. Wenn er die Eigenschaften hätte, die Du ihm gibst, wäre er definitiv nicht an der Spitze dieser in weiten Teilen verbrecherischen Organisation!
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Blackrose1975 schrieb:
DianaS schrieb:
Blackrose1975 schrieb:
Sieht man an seiner Haltung zum Kindesmißbrauch und zu Bischöfen, die den Holocaust leugnen.
Ich möchte Dir wirklich "Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit" von Peter Seewald (das Interview) ans Herz legen.
(Dies insbesondere im Hinblick auf den Fall Williamson, seine Afrika - Reise sowie auf die Missbrauchsfälle).

Nett gemeint, aber ich werde meine kostbare Zeit definitiv nicht mit dem Pabst oder der Kirche verschwenden. Wenn er die Eigenschaften hätte, die Du ihm gibst, wäre er definitiv nicht an der Spitze dieser in weiten Teilen verbrecherischen Organisation!

:-bd

Mein unqualifizierter Beitrag zum Thema Schwangerschaftsabbrüche: Ich war zum Glück noch nie in der Lage, schwanger zu sein, aber wenn dem denn so wäre, bin ich der Meinung, ist es ganz alleine meine Entscheidung, ob ich das Kind bekomme oder nicht. Legal oder nicht, niemand sollte von Gesetz oder Kirche oder sonstwem gezwungen werden, ein Kind zur Welt zu bringen, das er (sie, in dem Fall) gar nicht will. Was soll sonst aus dem Kind werden? Und außerdem: mein Körper ist mein Körper. Den kann ich tätowieren, stylen, piercen, was auch immer ich will. Und ich kann auch entscheiden, ob ich ein Kind bekommen will oder nicht. Aber wie gesagt, dass nur mein Geblubber dazu.
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

"Darky" schrieb:
Was soll sonst aus dem Kind werden
Es würde leben können. Muss ja nicht bei dir sein.

Darky schrieb:
Und außerdem: mein Körper ist mein Körper.
Kommentarlos. Mir fällt ehrlich nichts auf dem Niveau ein.

Blackrose75 schrieb:
Nett gemeint, aber ich werde meine kostbare Zeit definitiv nicht mit dem Pabst oder der Kirche verschwenden. Wenn er die Eigenschaften hätte, die Du ihm gibst, wäre er definitiv nicht an der Spitze dieser in weiten Teilen verbrecherischen Organisation!
Woher beziehst du denn dein Wissen, um so vernichtend zu urteilen?
Bist eines Morgens aufgewacht, und hast die ganze Organisation durchschaut, obwohl du eigentlich nie in eine Kirche gehst und dich auch nicht damit beschäftigst? Was für ein Glücksfall für dich. Weißt du, ich muss nämlich Sachen lesen, bevor ich sie verstehe, und dann muss ich drüber nachdenken ... und dann kann ich mir ein Urteil bilden.
Schön, dass das bei euch beiden einfacher geht. :ymdevil:
 
Re: Schnick-Schnack in den Weiten des www

Ja ich finde auch, man sollte Kinder zur Welt bringen, um sie dann abzuschieben in Heime und Pflegefamilien... ne tolle Idee. Davon gibts nicht schon zu viele. Und ja, mein Körper ist mein Körper. Ich weiß nicht, was das mit Niveau zu tun hat, wenn ich gern über mich selbst bestimme.

Und zu der Kirchensache: ich bin Magister der Philosophie und Religionswissenschaft. Nur so zur Info. Das Argument mit "sich nicht mit Dingen beschäftigen und sie dennoch verteufeln" greift daher nicht so richtig. So einfach mache ich mir nämlich nicht. Ich komme anscheinend nur zu anderen Ergebnissen.
 
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